Ernüchterung in Duisburg: Aufbruchstimmung bei OB-Wahl verflogen
Sonntag wird der Nachfolger von Adolf Sauerland (CDU) gewählt, den den Bürger in den Ruhestand geschickt haben. Doch die Aufbruchstimmung ist verflogen.
Duisburg. Es ist erst vier Monate her, da hat Duisburg einmal positive Schlagzeilen gemacht. Damals, Mitte Februar, hatte die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ einen spektakulären Erfolg. Im ersten Abwahlverfahren der Landesgeschichte schickte eine breite Mehrheit der Bevölkerung den langjährigen Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) in den Ruhestand.
Er musste wegen seiner Weigerung gehen, für die Katastrophe bei der Loveparade mit 21 Toten die politische Verantwortung zu übernehmen. Am Sonntag soll nun sein Nachfolger gewählt werden. Sauerland ist weg, die damalige Aufbruchstimmung aber verflogen.
Das Abwahlverfahren wurde eingleitet von der Bürgerinitiative. Frontmann Theo Steegmann erinnert sich: „Das war schon ein bisschen eine Revolution. Keiner hat uns am Anfang den Erfolg zugetraut“, sagte er unserer Zeitung. Es war ein großes Ding, das da ins Rollen kam, bundesweit machte Duisburg positive Schlagzeilen — als die Stadt, in der sich die Bürger gegen Verkrustungen, Lügen und Missmanagement wehren.
Denn Sauerland war zwar das Ziel der Kampagne, aber es ging um mehr — es ging um Mitsprache, um Wahrhaftigkeit, um Transparenz. Und um die Hoffnung, nach der Loveparade-Katastrophe, nach einer Korruptionsaffäre rund ums Landesarchiv und den ständigen Berichten über die desolaten Stadtfinanzen endlich wieder mit Stolz sagen zu können: „Wir sind Duisburger!“
Duisburg war für einige Tage Zeitgeist, stand für so etwas wie eine neue Bürgergesellschaft. Selbst die SPD, die über Jahrzehnte die Stadt bis in die letzte Turnhalle hinein regierte und Sauerlands Amtszeit wie einen Betriebsunfall der Geschichte betrachtete, gelobte, nach der Abwahl werde alles besser werden. Es werde einen gemeinsamen, über die Parteigrenzen geachteten, Kandidaten geben. Tatsächlich treten nun 13 Kandidaten an, und natürlich hat die SPD einen eigenen Mann aufgestellt — ebenso wie die CDU.
Aber auch der Traum von „Neuanfang für Duisburg“, mit einem eigenen, unumstrittenen Kandidaten die Parteien in die Schranken weisen zu können, sind zerplatzt. Zwar hat man mit Richard Wittsiepe einen eigenen Mann nominiert, doch gab es zuvor internen Streit. Mit Michael Rubinstein, ein Vertreter der jüdischen Gemeinde, tritt nun ein Einzelbewerber an, der auch der Initiative entstammt.
Steegmann ist aber vor allem von den beiden großen Parteien enttäuscht: „Die SPD hat es nie ernst gemeint mit einem überparteilichen Kandidaten. Sonst hätte sie zum Beispiel Bärbel Höhn unterstützt. Sie wäre bereit gewesen. Und die CDU hat nichts aus den Fehlern Sauerlands gelernt.“
Nun geht der SPD-Mann Sören Link (35) als Favorit in die Wahl. Er ist ehemaliger Landtagsabgeordneter und vor Ort gut vernetzt. Wahrscheinlich muss er aber in die Stichwahl, die für den 1. Juli vorgesehen ist. Das Wort Neuanfang kommt kaum noch vor.