Esskultur: Wie viel Fast Food verträgt der Mensch?
Kochkurse und Bioprodukte boomen. Aber der Markt für Fertiggerichte wächst trotzdem. Widersprüchen auf der Spur.
<strong>Düsseldorf. Kochbücher gibt es mehr denn je, geordnet nach Themen, Ländern oder Schwierigkeitsgrad. Koch-Shows, Kochkurse, Erlebnisrestaurants und Gourmetreisen boomen wie nie. Doch gleichzeitig wird der Niedergang der Esskultur beklagt: Kaum jemand kocht noch frisch, viele reißen nur die Tüte mit der fertigen Reispfanne auf, schieben die Tiefkühlpizza in den Ofen - und fertig ist das Abendessen.
"Wir erleben eine Aufspaltung in Versorgungsküche und Erlebnisküche", sagt Gunther Hirschfelder, Privatdozent für Volkskunde an der Uni Bonn: "Die Versorgungsküche wird immer einfacher und anspruchsloser, die Erlebnisküche wird als etwas Besonderes zelebriert."
Dass Essen und Trinken für die meisten Leute im Alltag zur Nebensache geworden ist, konstatiert auch die Studie "Food-Styles" des Zukunftsinstituts von Matthias Horx: "Ein Snack zwischen zwei Terminen oder während der Tagesschau, eine Pizza in der Besprechung oder neben dem Check der aktuellen Mails ist oft die Regel", schreiben die Trendforscherinnen Anja Kirig und Hanni Rützler.
Ein Viertel aller Bundesbürger isst täglich außer Haus, wie aus dem Familienbericht der Bundesregierung von 2006 hervorgeht. Die Zahl hat sich damit im Vergleich zu 1990 mehr als verdoppelt. Und wer zu Hause isst, kocht eben noch lange nicht selbst: Nach Zahlen des Deutschen Tiefkühlinstituts kletterte der Absatz von Tiefkühlpizzas in den vergangenen zehn Jahren von 116 000 auf 245 000 Tonnen.
Denn von den Eltern lernen sie es nur noch selten. Unter der Woche nehmen sich immer weniger Menschen die Zeit, lange zu kochen. Dabei lässt sich eine Familie mit einem Wirsing vom Markt viel preiswerter beköstigen als mit Fertiggerichten. Doch das Wissen über die Grundlagen von Lebensmitteln bricht weg. Gerade viele Jüngere wissen nicht, wann welches Obst Saison hat und wann welches Gemüse.
"Convenience-Produkte sind im Durchschnitt energie- und fettreicher als frische Lebensmittel", sagt Ute Alexy vom Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund. Auch enthielten Fertiggerichte viele Geschmacksverstärker und Aromastoffe. In 90 Prozent aller Haushalte käme an mindestens einem von drei Tagen ein Convenience-Produkt auf den Tisch.
Ernährung Es gibt ein einfaches Grundgerüst für eine gesunde Ernährung: Nicht zu viel Fettes und Zuckerhaltiges, häufiger Vollwert und Vitaminreiches. Und lieber auf fünf kleinere Portionen verteilt, als sich jeden Abend so richtig den Bauch zu füllen. Pommes, Kekse, Bratwurst und Süßzeug gibt es selten, Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Milch dagegen jeden Tag.