Reportage Fall Höxter: Kriminalpolizei durchsucht das graue Gehöft

Ein ehemaliges Bauernhaus mit angegrautem Putz ist der Schauplatz der Ermittlungen im Fall der zu Tode misshandelten Frau. Hunde sollen das Gelände durchsuchen, ein Hubschrauber inspiziert die Gegend von oben. Das tatverdächtige Paar habe nie richtig dazugehört, sagen Nachbarn.

Die Bewohner des Hauses sollen zwei Menschen getötet haben.

Foto: dpa

Höxter. Ein Polizeihubschrauber kreist im weiten Bogen über das kleine Dorf Bosseborn, ein Ortsteil von Höxter in Ostwestfalen. In dem Dorf dreht sich alles um ein schmuddeliges Haus. Hinter der Tür aus angestoßenem Holz soll eine Frau wochenlang gefangengehalten und zu Tode misshandelt worden sein. Geködert über die Bekanntschaftsanzeige eines 46-Jährigen. Dieser Mann und seine 47 Jahre alte Ex-Frau, die Mieter des Hauses, sitzen seit vergangenen Donnerstag in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Paderborn wirft ihnen Totschlag vor.

So richtig dazugehört habe das Paar, das sich allen als Bruder und Schwester vorstellte, aber nie. Das jedenfalls sagen die Nachbarn durch die halb geöffnete Tür. Der 680-Seelen-Ort ist in Aufruhr, seitdem bekannt wurde, was sich in dem kleinen, ehemaligen Bauernhof am Rande der Ortschaft abgespielt haben soll.

In dem Haus mit fleckig gewordenem Putz, mit großem Schuppen und kleinem Stall soll die 41-Jährige mehrere Wochen lang gefangen gehalten worden sein. Sie starb an stumpfer Gewalt gegen den Kopf. Das ist eine der wenigen Gewissheiten, die von der Staatsanwaltschaft zu hören sind.

Weil die Nachbarn schon in der Vergangenheit immer wieder Frauen an dem kleinen, ehemaligen Gehöft gesehen haben, halten die Ermittler es für möglich, dass es weitere Opfer gibt. „Wir haben konkrete Hinweise, denen wir nachgehen“, sagt Oberstaatsanwalt Ralf Meyer. Der Polizeihubschrauber, der am Mittag die ländliche Gegend überfliegt, steht minutenlang über einem Wäldchen, zieht dann weiter. Auch mit Hunden soll gesucht werden.

Am Nachmittag kommen drei Ermittler. Sie stecken in weiten, weißen Overalls, Nase und Mund sind hinter Binden verborgen. Die Polizisten verschwinden hinter der Eingangstür mit dem Segenswunsch der Sternsinger. Die Kriminaltechniker nehmen sich das Gehöft zum wiederholten Mal vor. Die Mordkommission der Bielefelder Kriminalpolizei arbeitet mit 30 Mann an dem Fall.

Die Fenster des Hauses sind verhangen mit dünnen Sichtgardinen. Hinter dem Haus wuchern Brennnesseln. In der abschüssigen Hofeinfahrt wachsen verirrte Stiefmütterchen durch Ritzen im Asphalt. Das Paar habe eine Zeit lang Schweine gehalten, zuletzt noch Gänse und Hühner, sagen die Leute. „Recht verwahrlost“, wie eine Nachbarin meint.

Die Garage ist mit einer lose hängenden Kette eher provisorisch gesichert. Auch am Stall hängt nur ein Vorhängeschloss. Siegel der Kriminalpolizei kleben an den Türen zu Schuppen und Stall.

Einen Tag zuvor war die 47 Jahre alte Bewohnerin aus der Untersuchungshaft kurz zurück ins Haus gebracht worden. Wie die Beamten der Spurensicherung steckte die Frau in einem weißen Overall, die Hände waren in blauen Gummihandschuhen verborgen. Warum gab es diesen Ortstermin? „Wir haben uns einige Sachen erklären lassen“, antwortet Oberstaatsanwalt Meyer lapidar.

Das Meiste in diesem Fall ist noch ein riesiges Rätsel - so etwa das Motiv. In ihren Vernehmungen soll das Paar ein weiteres Tötungsdelikt gestanden haben. Die Staatsanwaltschaft schweigt am Montag dazu.