Fernsehen: Roth hat die Käseglocke Berlin satt
Seit fünf Jahren ist Thomas Roth Chef des ARD-Hauptstadtstudios. Nun wechselt der Russlandkenner nach Moskau. Für ihn ist es eine Rückkehr.
<strong>Berlin. Fünf Jahre lang hat ARD-Hauptstadtchefredakteur Thomas Roth die politische Berichterstattung aus Berlin geprägt - nun kommt die Zeit des Abschieds. Im Mai wechselt der 55-Jährige nach Moskau, bleibt dort aber nur zwei Jahre und wird im Frühjahr 2009 die Leitung des ARD-Studios in New York übernehmen. "Ich habe schöne Jahre in Berlin gehabt", sagt Roth. "Aber über die Bundespolitik sollte man nur auf Zeit berichten. Man lebt doch unter einer Käseglocke zwischen Kanzleramt, Reichstag und den Ministerien."
"Das russische Fernsehen steht im Dienst des Präsidenten"
Roth ist einer der besten Russlandkenner im Fernsehen und hat schon insgesamt sieben Jahre lang aus Moskau berichtet. Statt Kanzlerin Angela Merkel im "Bericht aus Berlin" zu befragen, wird Roth über die Wahl des russischen Parlaments im Dezember berichten. Im März 2008 wird der Nachfolger von Präsident Wladimir Putin gewählt. "Es steht eine entscheidende Phase bevor: Wie wird die Macht übergeben?" In den vergangenen Jahren hat sich nach Einschätzung Roths die Situation für Journalisten fundamental verschlechtert. Das zeige auch der Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja. "Das Fernsehen steht im Dienst des Präsidenten. Für die Kollegen ist das Leben richtig gefährlich geworden, wenn sie Pressefreiheit ernst nehmen."Putsch in Moskau 1991 - ein paar Straßen weiter fielen Schüsse
Als Roth 1991 in Moskau begann, war noch das journalistische Urgestein Gerd Ruge dort Studioleiter. Gleich am Anfang überschlugen sich die Ereignisse und Roth berichtete über den Putsch gegen Michail Gorbatschow. Nur ein paar Straßen vom ARD-Studio entfernt wurde geschossen. "Das war für alle Mitarbeiter eine gefährliche Situation", erinnert er sich. "Für mich ist das Studio-Team fast eine Ersatzfamilie geworden."Derzeit sitzt Roth noch ganz entspannt in seinem Büro mit Blick auf die Spree. Sein letzter "Bericht aus Berlin" ist für den 1. April geplant, einen Monat später beginnt er seinen Dienst im ARD-Büro in Moskau. Im Sommer wird er auch WDR-Chefreporter und produziert längere Filme aus der Region.
Ulrich Deppendorf wird neuer Leiter des ARD-Hauptstadtbüros. Diesen Posten bekleidete er schon von 1999 bis 2002, seither ist er Fernsehdirektor beim WDR.
Biografie: Der Jurist (57) ist ein WDR-Urgestein. Ab 1986 leitete er die Tagesschau-Redaktion, später moderierte er jahrelang die Wahlstudios.