Feuer mit drei Toten: Ermittler vermuten Brandstiftung
Hamburg (dpa) - Vermutlich war es Brandstiftung: Bei einem Feuer in einem Hamburger Mehrfamilienhaus sind eine Mutter und ihre beiden kleinen Söhne ums Leben gekommen. Ein Kinderwagen, der im Hauseingang der Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber stand, gilt als mutmaßlicher Brandherd.
„Das ist die wahrscheinlichste Variante“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Donnerstag. Die Hamburger Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet. Die Feuerwehr sprach von einem der schlimmsten Brände seit Jahren in der Hansestadt.
Bei dem Feuer am Mittwochabend starben die 33-Jährige aus Pakistan und ihre sechs und sieben Jahre alten Söhne. Sie versuchten wohl, durch das verrauchte Treppenhaus des Altbaus zu fliehen. Der Vater der Kinder war während des Brandes nicht zu Hause. Er kam zurück, als die Einsatzkräfte noch gegen die Flammen kämpften. Der Mann musste psychologisch betreut werden. 27 Bewohner des Hauses wurden nach bisherigen Erkenntnissen verletzt, 15 von ihnen kamen in Krankenhäuser, hieß es bei der Polizei.
Die Stadt Hamburg nutzt das Mehrfamilienhaus mit elf Wohnungen als Unterkunft für Flüchtlinge, Asylbewerber und Obdachlose. 46 Menschen hätten bisher dort gelebt, sagte eine Sprecherin des zuständigen Landesbetriebs „Fördern & Wohnen“.
Das Motiv für die vermutete Brandstiftung war zunächst völlig unklar. Die Beamten suchten Zeugen, die rund um die Unterkunft verdächtige Beobachtungen gemacht haben. Die Brandermittler des Landeskriminalamts, die den Brandort am Donnerstag untersuchten, könnten allerdings auch einen technischen Defekt nicht restlos ausschließen, sagte Polizeisprecher Vehren. Der Kinderwagen stand in der Nähe eines Elektroverteilerkastens, über den zunächst als wahrscheinliche Brandursache spekuliert worden war.
Das Feuer war im Eingangsbereich des Hauses ausgebrochen, wie Feuerwehrsprecher Hendrik Frese sagte. Dichter, dunkler Rauch zog schnell durch das Treppenhaus nach oben - wie in einem Kamin. Für die Mutter und ihre zwei Jungen kam jede Hilfe zu spät: Sie wurden tot in der Dachgeschosswohnung im vierten Stock entdeckt. Nach Feuerwehrangaben führten die heißen Rauchgase zu Verbrennungen - und dazu, dass die Familie erstickte.
Die 33-Jährige und die Kinder wollten sich aller Wahrscheinlichkeit nach durch das verqualmte Treppenhaus nach draußen retten und hatten daher laut Frese die Wohnungstür geöffnet. Dadurch konnte der beißende Rauch hineinziehen.
Bei der Rettung der anderen Bewohner spielten sich dramatische Szenen ab. Als die ersten Einsatzkräfte eintrafen, standen bereits viele Menschen an den Fenstern und riefen um Hilfe. Die Feuerwehr konnte die Leute aus den Wohnungen unterhalb des Dachgeschosses mit Dreh- und Strickleitern in Sicherheit bringen. Die meisten von ihnen kamen später in Hotels unter.
Die Notfallseelsorge der Feuerwehr und das Kriseninterventionsteam waren im Einsatz, wie Frese erklärte. Nicht nur Bewohner wurden betreut, sondern auch Feuerwehrleute: „Für Feuerwehrleute ist es das schlimmste Szenario, das man sich vorstellen kann.“