Feuerwehr setzt auf Löschzwerge

Die Brandschützer haben Probleme, Freiwillige zu finden — aber auch viele Ideen, um das zu ändern.

Foto: Patrick Pleul

Düsseldorf. Stell dir vor, es brennt, und die Feuerwehr kommt erst, wenn alles schon halb in Schutt und Asche liegt. Dieses Horrorszenario wird nicht eintreten, weil eine Menge Sicherungen im System eingebaut sind. Doch die Feuerwehr, zumal die freiwillige, hat „ein durchaus ernstzunehmendes Problem“, sagt Christoph Schöneborn, Geschäftsführer im Verband der Feuerwehren NRW in Düsseldorf.

Grundsätzlich seien genug Leute ehrenamtlich in den Wehren engagiert, sagt er. Aber sie sind nicht da, wenn es tagsüber brennt. Viele arbeiten in einer anderen Stadt und können bei Alarm nicht hurtig auf den Löschzug springen, um bei einem „kritischen Wohnungsbrand“ in 9,5 Minuten am Einsatzort zu sein.

Ein insgesamt nachlassendes Interesse am ehrenamtlichen Engagement stellt Mirko Braunheim fest, stellvertretender Leiter der Feuerwehr in Haan, die im vergangenen Jahr 94 Brandeinsätze und 410 technische Hilfsleistungen absolvierte. „Viele fragen sich: Was hab ich denn davon?“ In seinem Heimatort ist die Wache gemischt besetzt: Tagsüber sind die 30 Berufsfeuerwehrleute anwesend, nachts kommen vorwiegend die 70 Ehrenamtler zum Einsatz.

Um den Brandschutz langfristig zu sichern, setzen die Feuerwehren mehrere Hebel an, zum Beispiel bei der Nachwuchsförderung. So sollen Mädchen und Jungen zwischen sechs und neun Jahren fürs Löschen und Helfen begeistert werden, andere Bundesländer gehen sogar auf Vierjährige zu.

„Die Jugendfeuerwehr fängt bisher mit zehn Jahren an, dann sind viele schon in anderen Hobbys oder durch Ganztagsschulen gebunden“, sagt Schöneborn. Allerdings ist die Betreuung der „Löschzwerge“ ein Problem. Da muss man schon einen anderen Ton anschlagen.

Doch für die Kleinen, die mal auf dem Löschzug mitfahren dürfen, aber auch mit Playmobil-Wachen spielen, brauche man nicht unbedingt Einsatzkräfte, sagt Schönenborn. Jetzt will man Betreuer in Kindergärten und Schulen werben oder gleich eine Feuerwehr-AG in weiterführenden Schulen anbieten — so ein Projekt der Haaner Feuerwehr.

Viel bewegt sich in der Zusammenarbeit der Wehren über Gemeindegrenzen hinweg, viel bewegt sich auch bei manchen Arbeitgebern. So lassen Unternehmen in Emmerich, Telgte und Kirchlengern die Wagen der Feuerwehr auf dem Firmengelände parken, damit die Ehrenamtler bei Bedarf gleich losfahren können. Der Bürgermeister der weitläufigen Gemeinde Hürtgenwald bei Düren hat seine Mitarbeiter überzeugen können, der freiwilligen Feuerwehr beizutreten und eine Einsatztruppe im Rathaus aufzubauen.

„Du magst es heiß?“: Mit zweideutigen Sprüchen hat sich die Feuerwehr Dormagen kürzlich ins Gespräch gebracht: „Wir haben die längsten Schläuche...und wollen mehr als nur ein kurzes Abenteuer“ stand auf den 9000 Werbepostkarten, die an junge Dormagener geschickt wurden.

Feuerwehrchefin Sabine Voss war vorher klar, dass sie für die Aktion auch Kritik ernten würde, doch weil sich in vier Tagen 15 Interessierte angemeldet haben, wertet sie die Aktion als Erfolg. Der Geschäftsführer des Feuerwehrverbandes hält davon nicht viel: Imagekampagnen sollten „nicht so platt“ daherkommen, sagt Schöneborn und bezweifelt, dass die Aktion eine dauerhafte Wirkung hat.

Er will zur Image-Belebung aber auch keine „Jammerkampagne“. „Die allermeisten machen das ja nicht, weil sie heilige Samariter sind. Sondern es bereichert einen, wenn man anderen Menschen helfen kann und gleichzeitig in einer Gemeinschaft ist, in der sich der eine auf den anderen voll verlassen kann.“

„Ein allerletztes Mittel“ gibt es noch, falls die Einsatzkräfte gar nicht mehr ausreichen sollten. Dann könnten die Gemeinden alle Frauen und Männer zwischen 18 und 60 Jahren zwangsweise rekrutieren. Christoph Schöneborn: „Das hat es in NRW aber noch nie gegeben.“