Frau will Haus verkaufen — und soll es abreißen

Gebäude ist 75 Jahre alt und wurde ohne Genehmigung gebaut. Kein Einzelfall in NRW.

Christa Liedtke vor ihrem Fachwerkhaus in Kürten.

Foto: Marius Becker

Kürten. Christa Liedtkes Fachwerkhäuschen liegt malerisch zwischen Wiesen und Bäumen im Bergischen Land. Doch jetzt trübt eine behördliche Anordnung die Idylle: Die Rentnerin soll ihr 75 Jahre altes Haus in Kürten abreißen, weil es keine Baugenehmigung gibt. Dieser Fall macht auch anderen Hauseigentümern Sorgen.

2005 kaufte Christa Liedtke das Häuschen für 250 000 Euro, steckte viel Geld in Renovierungsarbeiten. Doch die steilen Treppen machten ihr zunehmend zu schaffen. „Ich habe mit meinem Rücken zu kämpfen. 2011 wollte ich deshalb das Haus schweren Herzens wieder verkaufen. So kam die ganze Sache ins Rollen“, erzählt Liedtke.

Beim Bauamt wollte sich die Rentnerin Unterlagen besorgen. Sie fragte erst bei ihrer Gemeinde und dann in der Kreisstadt Bergisch Gladbach nach. Kurz darauf bekam die Rentnerin einen Brief: Sie müsse das Haus abreißen, weil keine Baugenehmigung vorliege. „Ich dachte, ich spinne, das muss ein Versehen sein.“

Doch der Kreis meinte es ernst. Das Haus müsse weg, die Abrisskosten von etwa 25 000 Euro solle Liedtke tragen. Eine nachträgliche Genehmigung ist nicht möglich, weil das Gebäude auf einer Fläche errichtet wurde, die als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen ist. Es besteht auch kein Bestandsschutz.

Das Haus ist ordnungsgemäß im Grundbuch eingetragen — das reicht allerdings nicht aus. „Der Eintrag im Grundbuch ist nur der Eigentumsnachweis des Grundstücks und nicht die Baugenehmigung, deshalb muss geltendes Recht durchgesetzt werden“, erklärt die Sprecherin des Rheinisch-Bergischen Kreises, Birgit Bär. Das sei bedauerlich, aber kein Einzelfall. „In den letzten acht Jahren hatten wir sechs solcher Fälle.“

Die Verunsicherung durch den Fall Liedtke ist groß. Denn in den Kriegsjahren sind wohl viele solcher Häuser entstanden. Die Rentnerin weiß von mehr als 70 vergleichbaren Bauten allein im Bergischen Kreis.

Um einen Abriss zu vermeiden, bot der Kreis Liedtke ein lebenslanges Bleiberecht an. Sie lehnte ab, weil sie das Haus verkaufen wollte, zog vor das Kölner Verwaltungsgericht und verlor. Nun läuft die Revision beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Einen Termin gibt es noch nicht. Falls das Oberverwaltungsgericht die Revision abschmettert, muss Christa Liedktes das Haus innerhalb eines Jahres abreißen.