Pandemie Fünf Prozent der Deutschen sind vollständig gegen Corona geimpft

Berlin · Die Hoffnung, dass sich die Impfwelle schnell vor die dritte Pandemiewelle schiebt, ist erloschen. Die Forderungen nach einem harten Lockdown reißen nicht ab.

Fast 100 Tage nach dem deutschen Impfstart in der Pandemie haben fünf Prozent der Bevölkerung die zweite Dosis erhalten.

Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Fast 100 Tage nach dem deutschen Impfstart in der Pandemie haben fünf Prozent der Bevölkerung bereits die zweite Dosis erhalten. 11,6 Prozent haben mindestens die erste Spritze bekommen. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) reichen die Impffortschritte aber nicht, um die dritte Pandemie-Welle auszubremsen. Einen harten Lockdown fordern viele Wissenschaftler und Mediziner bereits seit Tagen.

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut binnen eines Tages 24 300 Corona-Neuinfektionen gemeldet - das ist der höchste Tageswert seit Mitte Januar. Innerhalb von drei Wochen hat sich die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz - also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche - damit fast verdoppelt. Hatte der Wert am 11. März noch bei 69 gelegen, gab ihn das RKI am Donnerstag mit 134,2 an.

Die Impfkampagne sei noch nicht so weit vorangeschritten, um das Infektionsgeschehen wesentlich zu beeinflussen, heißt es im jüngsten RKI-Bulletin. Deutschland hat das EU-Impfziel für Menschen über 80 Jahre darüber hinaus verfehlt. Ziel der EU-Kommission war, dass mindestens 80 Prozent dieser Altersgruppe bis Ende März gegen das Coronavirus geimpft sein sollten. Gemeldete Daten aus deutschen Bundesländern liegen nach RKI-Angaben aber deutlich darunter - zwischen 26 Prozent und 47 Prozent bei den Zweitimpfungen.

Nach einer Modellprognose des Instituts lässt sich eine Überlastung der Intensivstationen nur verhindern, wenn Lockerungen vorsichtig erst ab Mai und Juni sowie dann mit sukzessiver Steigerung bis in den Spätsommer kommen. Dann könnte ein Großteil der Bevölkerung geimpft sein.

Als Hauptursache für den schnellen neuen Anstieg sehen Forscher die zuerst in Großbritannien entdeckte, sehr ansteckende Corona-Variante B.1.1.7. Sie breitet sich rasch in Deutschland aus. Aktuell hat sie nach RKI-Analyse bereits einen Anteil von 88 Prozent im Infektionsgeschehen erreicht. Die Verbreitung dieser Variante sei besorgniserregend, weil sie „nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender ist und vermutlich schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten.“ Alle in Deutschland verfügbaren Impfstoffe schützten nach RKI-Angaben jedoch sehr gut vor einer Erkrankung durch B.1.1.7 und auch vor schweren Erkrankungen durch zwei andere Varianten.

Doch noch sind zu wenige Menschen geimpft. Der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, warnt deshalb vor einer Überfüllung von Deutschlands Intensivstationen innerhalb von vier Wochen. „Seit Mitte März sind unterm Strich 1000 Intensivpatienten zusätzlich in den Krankenhäusern gelandet. Wenn sich diese Geschwindigkeit fortsetzt, sind wir in weniger als vier Wochen an der regulären Kapazitätsgrenze angelangt“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Es braucht jetzt dringend einen harten Lockdown für zwei Wochen, verpflichtende Tests an Schulen zweimal in der Woche und deutlich mehr Tempo bei den Impfungen in den Zentren und Arztpraxen.“

Auf die Schnelltests ist die steigende Zahl an gemeldeten Corona-Neuinfektionen nach RKI-Erkenntnissen kaum zurückzuführen. Zwischen 8. und 14. März, als in Deutschland wöchentliche Gratis-Schnelltests eingeführt wurden, ging nach der Analyse des Bundesinstituts bei 4,4 Prozent der laborbestätigten PCR-Tests ein positiver Schnelltest voraus. Dieser Anteil kletterte leicht auf 5,5 Prozent (15. bis 21. März) und zuletzt auf 6,0 Prozent (22. bis 28. März).

In der vergangenen Woche gab es nach RKI-Angaben 1,40 Millionen PCR-Tests. In der Woche zuvor waren es 1,36 Millionen. Die Rate der positiven Tests stieg deutlich von 7,91 auf 9,33 Prozent. Das bedeutet, dass unter den Getesteten wesentlich mehr nachweislich Infizierte waren.

(dpa)