Gamescom: Sie wollen doch nur spielen
In Köln steht das weltweit einzige Vereinsheim für Profi-PC-Spieler. Die meist jungen Leute kämpfen um Punkte und gegen Vorurteile.
Köln. Schulversager und pickelige Jungs mit dicken Brillengläsern, die keine Freunde haben — so stellen sich viele den typischen Computerspieler vor. Der E-Sport, bei dem Spiele wie Counterstrike oder Liga national im Wettbewerb gespielt werden, steht in Zeiten immer wiederkehrender Killerspiel-Debatten unter stetem Druck, sich rechtfertigen zu müssen. Angetreten, solche Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen, sind die Mitglieder des Kölner Vereins „N!Faculty“, der sowohl Amateuren als auch Profis ein weltweit einzigartiges Zuhause bietet. Nirgendwo gibt es ein vergleichbares Vereinsheim wie im Mülheimer Bezirksrathaus.
Vergilbte Gardinen oder verstaubte Pokale sucht man im Kölner E-Sport-Haus vergeblich. Die 200 Quadratmeter auf zwei Etagen ähneln eher dem Foyer einer Bank. Bequeme Sitzecken gehören genauso zur Inneneinrichtung wie ein Schlafraum und eine Küche — falls es am Bildschirm mal später wird oder Ereignisse wie die Gamescom anstehen.
„Für uns sind klassische Sportvereine wie Bayern München ein Vorbild. Bei der GmbH sind die Profis unter Vertrag und der e.V. kümmert sich um den Breitensport“, erklärt einer der beiden Vorstände, Benedikt Schatto. Zehn Profiteams treten für den Verein bei der Electronic Sportsleague (ESL) an, die mit der Fußball-Bundesliga vergleichbar ist.
Einer von den Profis ist Azmican Berberoglu. Er entspricht nicht den üblichen Klischees: „Ich bin kein Typ, der ständig vor dem PC sitzt. Mir ist es wichtig, mit Freunden zu feiern, ins Kino zu gehen“, sagt der 21-Jährige.
Seit drei Jahren ist er Profi und spielt bei nationalen Wettbewerben Counter Strike, ein Game, das immer wieder als Killerspiel in die Kritik gerät. „Wir spielen am PC gegen Pixel und Daten und nicht gegen lebende Menschen“, sagt Berberoglu.
Um Vorurteile abzubauen, lädt der Verein regelmäßig Kinder und Jugendliche ins Vereinsheim ein. „Voraussetzung ist aber, dass sie ein Elternteil mitbringen müssen. Wir wollen den Eltern Medienkompetenz vermitteln. Dabei sollen sie ruhig auch mal selbst spielen“, sagt Schatto, der im Vorstand für die Sozial- und Bildungsarbeit zuständig ist.
Regelmäßig gehen die PC-Spieler in Schulen und Sportvereine. „Wir haben ein Projekt mit einer Schule, bei dem die Kinder zuerst in der Sporthalle und dann am Computer Punkte sammeln, um den Sieger zu ermitteln. Damit wollen wir zeigen, dass man beide Bereiche gleichzeitig machen kann“, berichtet Schatto. Auch bei den Profispielern gebe es einige, die im Verein noch Fußball oder Handball spielten.