Gasometer Oberhausen: Ein Riese der Industriekultur

Oberhausens Ausstellungshalle wird 20 Jahre alt — im zweiten Leben. Das erste begann sie als schnöder Gasspeicher.

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Oberhausen. Fast 118 Meter Höhe misst der Gasometer in Oberhausen, 68 Meter ist der tonnenartige Koloss im Durchmesser. Vor 20 Jahren wurde aus dem einstmals größten Gasspeicher Europas eine ungewöhnliche Ausstellungshalle — und nach Angaben des Gasometer-Managements die höchste in Deutschland. Sie gilt als Beispiel für die gelungene Wandlung einer Industrieanlage zu einer Kulturstätte mitten im Ruhrgebiet.

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Der 1927 erbaute Gasometer ist ein Kunstort besonderer Größenordnung. Zum einen äußerlich: „Die Kuppel des Berliner Reichstags würde hier viermal hineinpassen“, sagt Gasometer-Sprecher Thomas Machoczek. Und: „Er ist höher als die Aussichtsplattform des Kölner Doms.“ Das Innere bietet Platz für besondere Schauen und Installationen. So war bereits zweimal Aktionskünstler Christo zu Gast.

Er baute „The Wall“ aus 13 000 Ölfässern und füllte den Bauch des Gasometers mit seiner luftigen Installation „Big Air Package“. Zu einer Ausstellung über das Wunder des Sonnensystems wurde ein riesiger Mond aufgeblasen und in den Raum gehängt. Das und anderes hat im Laufe der Jahre rund 5,5 Millionen Besucher in den Oberhausener Giganten gelockt, sagt Geschäftsführerin Jeanette Schmitz.

Als am 22. Juli 1994 die erste Ausstellung im Gasometer eröffnete, „hatte keiner eine Ahnung, ob das klappt“, sagt Machoczek. Rund 16 Millionen Mark hätten Konzeption und Umbau gekostet. „In den ersten Wochen kamen kaum Besucher“, erinnert sich Schmitz. Im Winter blieb der Riesenzylinder geschlossen. „Im Gasometer ist immer die gleiche Temperatur wie draußen. Wir können ihn ja nicht beheizen“. Erst seit 2001 ist die Halle das ganze Jahr geöffnet. Die Besucher lassen sich davon nicht schrecken.

13 teils spektakuläre Ausstellungen hat es in 20 Jahren in dem Industriedenkmal gegeben. „Der Gasometer hat an Renommee gewonnen. Es ist uns gelungen, den Raum besser zu erschließen“, sagt Schmitz. Jens Hapke vom Regionalverband Ruhr sieht in dem ehemaligen Gasspeicher einen „Pionier der Industriekultur“, der für eine „hohe Akzeptanz der Nachnutzung alter Industriestätten“ gesorgt habe.

Dieser Pionier speicherte zunächst das in den Eisenhütten der Gutehoffnungshütte erzeugte Gas und gab es bei Bedarf an die Kokerei Osterfeld weiter. 1988 wurde der Speicher stillgelegt, 1993 begann der Umbau.

Derzeit läuft mit „Der Schöne Schein“ die 14. Ausstellung im Industriedenkmal. Und auch sie beinhaltet wieder Großformatiges: Fotos und Abgüsse jener Meisterwerke, die das kollektive Bildgedächtnis geprägt haben wie die Mona Lisa, Nofretete, die Venus von Milo, Polyklets Speerträger und van Goghs Sternennacht — rund 200 Reproduktionen der weltbekannten Originale.