Gesprengte Geldautomaten Geld im Automaten durch Farbbeutel schützen?
Nachrüstung kostet fünfstelligen Betrag pro Gerät. Neue Modelle lassen sich so bauen, dass eine Sprengung nutzlos ist.
Düsseldorf. Die Serie von Geldautomaten-Sprengungen in Nordrhein-Westfalen nimmt bedrohliche Ausmaße an. Laut Landeskriminalamt (LKA), das für die Jagd auf die Täter die Sonderkommission „Heat“ gegründet hat, gab es in diesem Jahr in NRW bereits 43 Fälle, bundesweit sind es 63. Einige Geldhäuser am Niederrhein schließen nachts ihre Vorräume ab, um den Zugang zu den Automaten zu versperren.
Die meist aus Südosteuropa stammenden Banden kommen häufig über Holland und Belgien und folgen laut LKA immer dem gleichen Tatmuster. Sie erscheinen zwischen 2 und 5 Uhr morgens und verrichten ihr Werk innerhalb von fünf Minuten. Für die Flucht nutzen die Räuber PS-starke Autos. Über die genaue Höhe des Schadens schweigen sich die Banken und das LKA aus.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) fordert, dass man den Tätern den Anreiz nehmen müsse. „Warum kommen die denn zu uns? Weil die Banken in Belgien und den Niederlanden inzwischen ihre Automaten mit Farbkartuschen ausgerüstet haben. Ich hoffe, dass die hiesigen Banken das schnell nachholen“, so Jäger. In den Nachbarländern ist die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen tatsächlich stark zurückgegangen.
Der Einsatz von Einfärbesystemen („Farbbeutel“) ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die Geldautomaten zu schützen — aber die mit Abstand teuerste, wie uns aus Kreisen von Sicherheitsexperten auf Nachfrage erklärt wurde.
Die Automaten kosten zwischen 15.000 und 25.000 Euro. Sie haben zwischen vier und sechs Geldkassetten, die alle mit dem Einfärbungssystem versehen werden müssten. Da die Kassetten nicht aufgefüllt, sondern getauscht werden, wenn sie leer sind, muss also in einem rollierenden System im günstigsten Fall der Faktor 1,5 zugrunde gelegt werden, damit der Geldfluss nicht stoppt. Ein Geldautomat mit sechs Kassetten müsste also insgesamt mit mindestens neun Einfärbesystemen versehen werden. Dies kostet knapp einen fünfstelligen Betrag.
Dass viele Geräte nicht von Anfang an gegen Sprengungen ausgelegt wurden, hat einen einfachen Grund: Es war nicht notwendig. „Das ist wie mit dem Elchtest bei der Mercedes-A-Klasse, wenn man nicht darauf kommt, passiert auch nichts“, sagt ein Sicherheitsexperte.
Die ersten Fälle traten vor etwa zehn Jahren im europäischen Ausland auf. Einige der aktuell genutzten Geldautomaten sind aber bis zu 15 Jahre im Einsatz. Sie werden nach und nach ausgetauscht und umgerüstet. Über das „Wie“ wird intern und mit Versicherungen und dem Landeskriminalamt beraten.
Neue Geldautomaten sind heute vielfach immun gegen Sprengungen. Der Aufpreis für den Schutz ab Werk beträgt rund zehn bis 15 Prozent des Automatenpreises.