Gerhard Delling: Ein Nordlicht am Rhein

Porträt: Gerhard Delling soll ab Mittwoch mit „Dellings Woche“ im WDR die Lücke schließen, die der Weggang von Frank Plasbergs „Hart aber fair“ gerissen hat.

Köln. "Wenn man ihn jetzt ins kalte Wasser schmeißt, könnte er sich die Finger verbrennen." Das ist so ein typischer Gerhard-Delling-Satz, ein gewagtes Wortspiel mit Widersprüchen, bei dem sich die Elemente Feuer und Wasser auf wundersame Weise verbinden. Fernsehmoderator Delling weiß nicht mehr, um welchen Sportler es da vor Jahren ging, aber "ich kann mich noch gut daran erinnern, als es mir so in den Kopf kam". Und das war durchaus kein Versehen. Das sei doch "ein schöner Widerspruch in sich - und trotzdem weiß jeder, was gemeint ist", sagt er.

Es wäre übertrieben zu sagen, Gerhard Delling wird heute als Nachfolger von Frank Plasberg im WDR-Fernsehen selbst ins kalte Wasser geworfen. Schließlich steht der 48-Jährige nicht erst seit gestern vor der Kamera. Trotz seines Hangs zu eigenwilligen Metaphern ist er ein routinierter, souverän wirkender Moderator, der in seiner Karriere nicht nur Sportsendungen präsentiert hat.

Auch Nordrhein-Westfalen ist dem Schleswig-Holsteiner nicht völlig fremd. Köln kennt er gut, denn seit 20 Jahren reist er zu "Sportschau"-Sendungen an. Außerdem stammt seine Mutter aus Essen, ein Onkel lebt in der Eifel, zwei leben im Ruhrgebiet, na bitte. Man darf ihm also einiges zutrauen.

Wenn man nur wüsste, was. Denn die zunächst 45 und ab nächstem Jahr 90 Minuten lange wöchentliche Sendung "Dellings Woche", die das ins Erste gewechselte "Hart aber fair" ersetzt, klingt wie ein großer Gemischtwarenladen. Interviews, Einspielfilme, Studioaktionen, Publikumsgespräche und Live-Reportagen - "Dellings Woche" wird entweder total abwechslungsreich oder ein Kraut-und-Rüben-Format.

Es gehe in erster Linie um Persönlichkeiten, "die etwas Besonderes zu erzählen haben", sagt Delling. Eines ist allerdings klar: "Wir sind keine politische Sendung." Insofern ist Delling kein Nachfolger von Plasberg. Also Boulevard?

Das ganz gewiss. In der ersten Sendung ist ein Mann zu Gast, dessen Frau vor einem Jahr von einem rückfälligen Sexualstraftäter ermordet wurde. "Das Tragische daran: Er war Schließer und kannte den Täter", erklärt Delling. Nun möchte der Angehörige des Opfers auf Fehler und Missstände im Umgang mit Sexualstraftätern aufmerksam machen. Da wird Gerhard Dellings Fingerspitzengefühl gefordert sein.

Auch sonst scheint seine Rolle über die des Moderators hinaus zu gehen. "Ich lasse mir nicht einfach vorlegen, was die Redaktion ausgetüftelt hat. Ich möchte die Recherche miterleben, sonst bringt es mir keinen Spaß."

Seinem Einsatz als Sportmoderator wird dieser Spaß nicht im Wege stehen. Delling moderiert weiter die "Sportschau" und den DFB-Pokal, wird bei der Handball-EM in Norwegen 2008 zu sehen sein sowie die Einsätze der Fußball-Nationalmannschaft gemeinsam mit Günter Netzer bis zur Europameisterschaft begleiten. Wahrscheinlich auch länger, denn "wir verspüren keine Langeweile, und wie die Resonanz und die Einschaltquoten zeigen, mag es das Publikum noch immer". Das könnte allerdings auch daran liegen, dass zwischen dem Delling-Netzer-Geplänkel noch das eine oder andere Fußballspiel übertragen wird. Ist natürlich nur eine Vermutung.

Karriere 1984 NDR-Redakteur, seit 1992 Sportmoderator bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, seit 1998 Fußball-Länderspiele mit Günter Netzer, Moderation weiterer Sendungen wie "Sportschau", "Zapp" und (als Urlaubsvertretung) "Tagesthemen", 2003-2006 NDR-Sportchef.

Privat In zweiter Ehe verheiratet, drei Töchter