Gerhard Polt: Grober Grantler und zarte Seele
Gerhard Polt denkt nicht ans Aufhören. Am liebsten steht er auf der Bühne und redet nur ungern über sich.
Schliersee. Gerhard Polts Erfolg beruht auf einem Missverständnis. Er sei ein „Berufsgrantler“ und „bayerisches Urviech“, heißt es immer. Stimmt gar nicht. Also, der Bayer schon. Aber hinter dem derben Gepolter verbirgt sich oft ein scharfer Beobachter, ein zurückhaltender Mensch und wohl auch eine zarte Seele.
Sonst könnte einer die Empörung über die verquere Logik der Politik und die Abgründe im festgefügten bürgerlichen Denken gar nicht so lange lebendig halten. Am Montag wird der große Humorist, Kabarettist und Filmemacher Gerhard Polt 70 Jahre alt.
Polt redet nicht gern über sich und seine Arbeit: „Meine Beobachtungen beruhen allenfalls auf abgesicherten Annahmen.“ So kommt er in scharfsichtiger Bosheit zu vertrackten Wahrheiten. Ein Beispiel: Als er sich mal die Beteiligten der jährlichen Siegesfeiern zum Kriegsende anschaute, kam er zu dem Schluss: „Europäisch betrachtet, haben wir Deutschen in dieser Normandie doch gemeinsam mit den Alliierten die Nazis besiegt, oder?“
„Ein Mensch, der lebt, verdient keine Biografie“, sagt Polt. Glücklicherweise hat auch keiner eine um ihn herumgeschrieben. Stattdessen lässt sich vergnüglich in den Gesprächsmitschnitten Herlinde Koelbls nachlesen, wie er seinen Humor beschreibt und warum er so vieles „gar nicht definieren“ möchte, warum er nicht streitet („Konfliktscheu ist für mich ein vernünftiger Akt“) und wie er sich selber oft mit Themen überrascht.
Das Literaturhaus München widmet ihm gerade eine Geburtstags-Ausstellung, was der Jubilar mit dem knappen Satz „Besser als ausgestopft“ kommentiert. Dieter Hildebrandt, der in ein paar Wochen 85 Jahre alt wird, verbeugt sich vor dem Kollegen. „Er ist der Polt, links und rechts davon gibt es keine Neben-Polts“, sagt er. Dem kann man sich nur anschließen.
Ans Aufhören denkt Gerhard Polt nicht, wohl aber dosiert er seine Präsenz. Mehr als 45 Auftritte im Jahr will er nicht mehr machen. „Ich bin gerne auf der Bühne“, sagt Gerhard Polt, „aber ich gehe auch gerne als Zuschauer ins Theater oder noch lieber ins Wirtshaus.“
Über Pläne für ein neues Programm in 2014 verrät Gerhard Polt bislang noch nichts. Es dürfte dann wieder genauso schwer an Eintrittskarten zu kommen sein wie all die Jahre zuvor — seine Abende sind stets ausverkauft.