Gericht: „Ein Pamphlet der übelsten Art“
Androhung des Schulverweises ist rechtens, wenn Schüler im Internet über Lehrer hetzen.
<strong>Velbert/Düsseldorf. Monster, Schabracke, im Reagenzglas gezeugt - das waren noch die harmlosesten Wörter, mit denen Patrick und René ihre Lehrerin bezeichneten. Die beiden damals zwölfjährigen Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Velbert hatten im Jahr 2006 eine eigene Homepage über die Pädagogin ins Internet gestellt, auf der es eine Vielzahl von entwürdigenden Äußerungen gab. Die Mitschüler wurden dort aufgefordert, mit abzustimmen, wie "man die Erde vor diesem Virus rettet". Durch den "Flurfunk" an der Schule kam die Sache ans Licht. Die beiden Gymnasiasten - andere Beteiligte wurden nicht gefunden - erhielten die Androhung eines Schulverweises, ein Verfahren, das die Eltern von Patrick nicht hinnehmen wollten. Nachdem ihr Einspruch bei der Bezirksregierung als Schulaufsichtsbehörde zurückgewiesen worden war, hatten sie vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf geklagt. Der Rechtsanwalt der Eltern erklärte, dass die private Homepage ein Ventil für die Schüler gewesen sei. Die Eltern ("Wir sind nicht stolz darauf, was unserer Sohn gemacht hat") beteuerten, dass ihr pubertierender Sohn nicht gewusst habe, was er tue. Außerdem sei er nur für die Grafik der Homepage zuständig gewesen.
Richter zitierte nicht alle Beleidigungen in der Verhandlung
Uwe Sievers, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf, machte gestern in der öffentlichen Verhandlung vor der 18. Kammer keinen Hehl daraus, was er von den Aktivitäten der Schüler hält. Die Äußerungen waren für ihn so schlimm und menschenverachtend, dass er sie nicht in vollem Umfang zitieren wollte. Dass Patrick nicht der einzige Beteiligte gewesen sei und nur für die grafische Gestaltung zuständig gewesen sein soll, spiele keine Rolle. "Es gibt das Sprichwort ,Mitgefangen, mitgehangen’", meinte Sievers. Schließlich hätten die Verfasser gemeinsam gehandelt, weil dort auch zu lesen war "Was haben wir wieder für einen Geniestreich gemacht." Für die Kammer stand nach kurzer Beratungspause fest: Die Anfechtungsklage gegen die Androhung der Entlassung von der Schule wird abgewiesen. In seiner Urteilsbegründung führte Sievers aus, dass die Entscheidung der Schule rechtens sei, weil es sich bei der Internetseite um ein "Pamphlet übelster Art und Sorte" gehandelt habe. Der extrem herabwürdigende und beleidigende Inhalt habe die Autorität und Persönlichkeitsrechte der betroffenen Pädagogin "in geradezu unerträglicher Weise verletzt". Auch wenn Patrick keine Texte verfasst haben sollte, durch seine Mitarbeit habe er die Internet-Seite "grafisch schön" gemacht. Sievers: "Ich glaube, dass in diesem Fall die Entlassung von der Schule angebrachter gewesen wäre."Schulleiterin Angelika Vogt betonte gestern, dass die beiden Schüler noch im Februar 2006 eine Schulvereinbarung unterschrieben hätten, in der Mobbing ausdrücklich ausgeschlossen wird. Auch sie ist sich sicher, dass noch weitere Schüler an der Aktion beteiligt waren. "Wir hätten auch lieber alle beteiligten Schüler erwischt, aber die beiden wollten nicht petzen."Das Internet ist der falsche Weg für Kritik an Lehrern
Kreis Mettmann. Schulleiter nehmen zu Portalen und Benotungen Stellung. Über 150.000 Schüler nutzen www.spickmich.de. Das Portal bietet die Möglichkeit, Schule und Lehrer zu benoten. Auch auf anderen Internetseiten werden immer wieder Lehrer anonym kritisiert. Die Schulleiter sind darüber geteilter Meinung:"Solch ein Nebenthema wird gerne breit getreten. Wir haben keine Probleme mit unseren Schülern. Solche Diskussionen haben keine Bedeutung für uns", sagt Hagen Bastian (Otto-Hahn-Gymnasium, Monheim).
"Es ist unangebracht, Kritik über ein Forum zu üben, besser sollten die Schüler das persönliche Gespräch suchen. Was im Internet steht, ist nicht maßgeblich. Für mich ist der persönliche Kontakt zwischen Schülern und Lehrern wichtig. Mehr ist für meine Arbeit nicht relevant", meint Hans Gruttmann (Gymnasium am Neandertal, Erkrath).
"Das anonyme Internet ist der falsche Weg. Gegen Kritik hat niemand etwas einzuwenden, und mit Bewertung muss man ohnehin immer klarkommen. Dem Großteil der Kollegen an der Schule ist aber egal, was dort steht. Durch die gesteigerte Aufmerksamkeit wertet man ein anonymes System auf. Wir sollten die Diskussion im Sande verlaufen lassen. Der Lernprozess, der dahinter steht, anonym andere fertig zu machen, ist pädagogisch sehr schlecht", so Peter Dach (Heinrich-Heine-Gymnasium, Mettmann).