Gericht: Tattoos kein Einstellungshindernis bei der Polizei
Schmetterling im Nacken, die Ehefrau auf dem Bizeps - Tattoos sind nicht mehr so besonders. Aber ein an beiden Armen voll tätowierter Polizist? Unvorstellbar für das Land Nordrhein-Westfalen. Es muss sich aber nach einem Urteil wohl daran gewöhnen.
Aachen (dpa) - Das Land Nordrhein-Westfalen darf einen Polizeibewerber wegen seiner Tätowierungen nicht generell ablehnen. Das sei ein Verstoß gegen das Grundrecht der freien Persönlichkeitsentfaltung, stellte das Aachener Verwaltungsgericht am Donnerstag in einem Urteil (Az.: VG Aachen 1 K 1518/12) fest.
Das Landesamt für die Polizeiausbildung hatte einen Bewerber wegen dessen großflächiger Tätowierungen an beiden Armen erst gar nicht zum Auswahlverfahren zugelassen. Die Tattoos zeigen einen Totenkopf, ein Frauengesicht mit vermutlich zugebundenem Mund und den Kampfhund des Mannes, wie in der Verhandlung deutlich wurde. Vor Gericht war der Mann in Hemd und Jackett erschienen, die von den Schultern bis zu den Unterarmen reichenden Tattoos waren bedeckt.
Das Land Nordrhein-Westfalen sah in der großflächigen Tätowierung einen „überzogenen Individualismus“. Die beim Tragen der kurzärmeligen Sommeruniform sichtbaren Tattoos stellen nach einem Erlass des Innenministeriums einen Eignungsmangel dar. Der 31-jährige wollte sich für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausbilden lassen.
Die Ablehnung des Kandidaten sei in der „generellen, abstrakten und absoluten Form“ nicht hinnehmbar, sagte der Vorsitzende Richter Georg Niebel. Jeder habe die Grundrechte zu beachten, vor allem aber die Staatsorgane. Vorschläge der Richter, der Mann könne doch während der Einsätze langärmelige Kleidung tragen, hielten die Vertreter des Landes für nicht praktikabel. Sie ließen offen, ob das Land einen Antrag auf Berufung stellt.
Polizisten müssten immer deeskalierend wirken. Die Tattoos könnten dagegen provozieren und Opfer einschüchtern. Mit der Neutralität eines Polizisten sei das nicht in Einklang zu bringen, sagte der zuständige Dezernent des Landesamts für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP), Frank Nölke. „Opfer bekommen einen spontanen Eindruck von Polizisten, den ich als Land NRW nicht möchte“, sagte der Vertreter des Innenministeriums Peter Schwarz.
Eignung mache man an persönlichen, fachlichen und charakterlichen Eigenschaften fest, aber nicht an Tätowierungen, stellte die Anwältin des Klägers fest. Es gebe im übrigen viele Polizisten, die sich nach der Einstellung tätowieren ließen.