Verwaltungsgericht Aachen: Stadt muss Diesel-Fahrverbot vorbereiten
Ein Hintertürchen bleibt noch offen. Aber letztlich läuft aus Sicht der Verwaltungsrichter in Aachen alles auf ein Diesel-Fahrverbot in der Stadt hinaus. Zum ersten Mal ist eine regionale Kammer damit der Linie der Leipziger Bundesrichter gefolgt. Was geschieht nun?
Aachen. Aachen muss nach einem Urteil des örtlichen Verwaltungsgerichts ein Diesel-Fahrverbot vorbereiten. Falls die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen bis zum Ende des Jahres keine gleichwertige Alternative vorlegten, wie Stickstoffdioxid-Grenzwerte eingehalten werden können, müsse zum 1. Januar 2019 ein solches Verbot in Kraft treten. Dies sagte der Vorsitzende Richter Peter Roitzheim am Freitag. Eine Berufung gegen die Entscheidung ist zugelassen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte in Aachen geklagt, sie pocht auf die Einhaltung von Grenzwerten für den Schadstoff.
Damit ist zum ersten Mal ein regionales Gericht der Linie aus einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gefolgt. Dieses hatte Diesel-Fahrverbote prinzipiell für zulässig erklärt, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei. Der EU-Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid muss seit 2010 verbindlich eingehalten werden. In vielen Städten gelingt das aber nicht.
Mit einem Bündel von Maßnahmen wollten die Verwaltung in Aachen und das Land Nordrhein-Westfalen 2025 zum Ziel kommen. Laut dem Gericht würde das aber viel zu lange dauern. „Sie hatten schon Jahre Zeit gehabt. Jetzt gilt es“, argumentierte Roitzheim. Stadt und Land hätten kein schlüssiges Alternativkonzept. Nach seiner Einschätzung laufe alles auf ein Fahrverbot für Dieselwagen hinaus. Bei der Ausgestaltung des Verbots müssen sich Stadt und Land an der Leipziger Grundsatzentscheidung orientieren.
Die DUH sprach von einem richtungsweisenden Urteil in Aachen. „Die Entscheidung legt letztendlich auch die Latte vor und hoch, wie es in den 27 anderen Verfahren wahrscheinlich ausgehen wird“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Er rechne in anderen Städten, wo die DUH ebenfalls klagt, mit vergleichbaren Urteilen. In Aachen habe der Richter deutlich gemacht, dass die Alternativen zum Fahrverbot nicht sichtbar seien.
Dagegen ist für das Land Nordrhein-Westfalen immer noch fraglich, ob das Fahrverbot am Ende tatsächlich kommt. Das lasse sich seriös erst abschätzen, wenn Daten zur erwarteten Schadstoffminderung einzelner Maßnahmen vorlägen, sagte der zuständige Abteilungsleiter Umwelt bei der Bezirksregierung Köln, Joachim Schwab. Erst auf dieser Datengrundlage könne man entscheiden, welche Maßnahme am besten geeignet und verhältnismäßig sei.
Mit dem Aachener Urteil steige der Druck auf die Autoindustrie, ihren Widerstand gegen Hardware-Nachrüstungen für ältere Dieselwagen aufzugeben, meinte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy: „Es ist lange bekannt, dass Städte mit zu hohen Stickoxid-Werten mit ihren Maßnahmen das Problem abmildern, aber nicht lösen können.“ Die Bundesregierung müsse die Autobauer zu Hardware-Nachrüstungen verpflichten. Und als Verursacher müssten diese das dann auch finanzieren. Bisher sind nur Updates von Software der Abgasreinigung zugesagt.
Auch Greenpeace sieht Konsequenzen aus dem Urteil für die Autokonzerne. Die Luftprobleme der Städte seien zu groß, um sie ohne „beherzte Maßnahmen“ zu lösen, erklärte Verkehrsexperte Benjamin Stephan. Wenn Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) weiterhin verpflichtende Hardware-Nachrüstungen und eine blaue Plakette blockiere, würden „bald Fahrverbote in anderen Städten folgen“.