Gericht urteilt: „Super Nanny“-Folge verletzt Menschenwürde
In der RTL-Reihe „Die Super Nanny“ beschimpfte und bedrohte eine alleinerziehende Mutter ihre weinenden Kinder und schlug auf sie ein. Ein Gericht sagt nun: Der Sender hätte das nicht zeigen dürfen.
Hannover (dpa). RTL hat mit einer Folge der TV-Reihe „Die Super Nanny“ laut einem Gerichtsurteil die Menschenwürde der gezeigten Kinder verletzt. Das entschied das Verwaltungsgericht Hannover am Dienstag. Es wies damit die Klage des Senders gegen eine Beanstandung durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ab.
Das Gremium hatte die strittige Folge der inzwischen eingestellten Serie unter die Lupe genommen, nachdem sich Zuschauer beschwert hatten. In der beanstandeten Folge vom Jahr 2011 hatte eine Mutter ihre weinenden und verängstigten Kinder beschimpft, bedroht und geschlagen.
„Nach Auffassung der Kammer verbietet die Menschenwürde der beteiligten Kinder (...) das wiederholte Darstellen einzelner an ihnen begangener Gewalthandlungen und insbesondere die Zusammenstellung einzelner dieser Handlungen in einen "Teaser", um Zuschauer anzulocken“, heißt es unter anderem in der Begründung.
Während der Aufzeichnung seien sich die Kinder der therapiebedürftigen Mutter, aber auch dem Aufnahmeteam gegenüber ausgeliefert vorgekommen. Das erkennbare erziehungspädagogische Ziel der Sendung rechtfertige den Verstoß gegen die Menschenwürde nicht, urteilte das Gericht.
Die Medienwächter hatten RTL zuvor eine reißerische Darstellung vorgeworfen, die primär auf den Voyeurismus der Zuschauer zielt. Die Kinder würden in für sie leidvollen Situationen für kommerzielle Zwecke instrumentalisiert und zu Objekten der Zurschaustellung herabgewürdigt, was die Menschenwürde verletze.
Nach Auffassung von RTL kann von einer Verletzung der Menschenwürde aber keine Rede sein, da es keine gezielte Herabwürdigung der Kinder gab. Die Sendung sei dramaturgisch so gestaltet gewesen, dass sich die Zuschauer sofort mit den Kindern solidarisieren.
Der Sender stützt sich auch auf die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), die vorab keine Bedenken gegen eine Ausstrahlung der Sendung hatte und auch keinen Verstoß gegen die Menschenwürde sah. Von dieser Einschätzung hätte die staatliche Medienaufsicht nur in einer begründeten Ausnahme abweichen dürfen, sonst habe die Selbstkontrolle keinen Sinn, monierte RTL. Nachdem es in der Staffel zuvor bereits Ärger zwischen RTL und den Medienwächtern gab, war RTL dazu übergegangen, alle Episoden vorab der FSF vorzulegen.
Das Gericht sah dies anders, ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage aber die Berufung beim Oberverwaltungsgericht zu. RTL bedauerte den Gerichtsentscheid und will eine Berufung prüfen. Die Sendung mit Katharina Saalfrank war 2011 eingestellt worden.