Düsseldorf Gerichts-Rekord: Arag-Erbstreit dauert schon 33 Jahre
Schwester verklagt Vorstand Paul-Otto Faßbender auf 15 Millionen Euro. Gutachter wurde dement, Rechtsanwalt starb.
Düsseldorf. Unter Rechtsschutzversicherungen gilt die Arag als gute Adresse. Nun könnte der Familienstreit um den Versicherungskonzern mit dem Werbeslogan „Erben will gelernt sein“ sogar Rechtsgeschichte schreiben. Denn der Prozess dauert bereits 33 Jahre und ist der längste, der beim Düsseldorfer Landgericht geführt wird. Petra Faßbender, die Schwester des Vorstandsvorsitzender Paul-Otto Faßbender, fordert 15 Millionen Euro von ihrem Bruder. Am 19. Oktober wird wieder verhandelt.
Der Sachverhalt ist zweifellos komplex: Nach dem Tode seines Vaters Walter wurde Paul-Otto Faßbender zum Alleinerben eingesetzt, denn das Unternehmen sollte in einer Hand bleiben. Trotzdem kam es in der Folge bald zu Streitigkeiten. Ein Vierteljahrhundert dauerte die Auseinandersetzung mit seinem Vetter Ludwig um die Vorherrschaft im Konzern. Seit 1998 hält der 70-Jährige die Aktienmehrheit bei der Arag. Noch länger dauert allerdings die Fehde mit seiner Schwester Petra.
Nach dem Tod von Vater Walter Faßbender im Jahr 1972 wurde die Arag umstrukturiert. Das Testament von 1965 soll nicht berücksichtigt worden sein, als der Konzern in einen Familienverein umgewandelt wurde, der immer die Aktienmehrheit halten sollte. Petra Faßbender wiederum beruft sich darauf, dass sie das Dokument zur Gründung des Familienvereins im Jahr 1970 gar nicht unterschrieben hat, weil sie damals noch zu jung war.
Sie argumentiert, das Erbe habe sich nur auf die Arag in Deutschland bezogen. Nicht davon betroffen gewesen seien die Firmen-Aktivitäten in den Niederlanden, Belgien und Italien. Und von diesem Kuchen möchte sie 15 Millionen Euro. Paul-Otto Faßbender hatte aber nur bisher sechs Millionen angeboten.
Viele Jahre lang wurde über einen möglichen Vergleich verhandelt. Vor sechs Jahren hatte Mutter Gisela Faßbender vor Gericht eindringlich an die Geschwister appelliert, sie mögen sich doch endlich einigen, damit wieder Frieden in die Familie einkehrt. Zehn Jahre lang war das Verfahren ausgesetzt, damit die Parteien eine Lösung finden. Doch ein Vergleich kam trotzdem nicht zustande. Die Fronten blieben weiter verhärtet.
Zudem gab es noch andere Probleme. Ein Sachverständiger, der sich in das komplizierte Thema eingearbeitet hatte, wurde während des Verfahrens dement und musste ersetzt werden. Auch einer der Rechtsanwälte überlebte den jahrzehntelangen Streit nicht. Dessen Nachfolger wiederum brauchte Zeit, um sich durch den riesigen Aktenberg zu kämpfen.
In der Verhandlung am 19. Oktober soll nun ein weiterer Sachverständiger vor dem Landgericht gehört werden. Ob der Prozess dann nach 33 Jahren tatsächlich auf die Zielgerade gehen wird, ist höchst ungewiss.