08/15-Hochzeit im August: "Gegenbewegung zu Prunk mit Kutsche"
Hochzeiten im August versprechen „Nullachtfünfzehn“ zu werden - die Termine bei den Standesämtern sind bundesweit begehrt. Dabei hat die Formulierung 08/15 mit Romantik eigentlich wenig zu tun.
Köln (dpa) - Schnapszahldaten sind beliebt für Hochzeiten. Der 9.9.99 war so ein Tag oder der 8.8.2008. Seit vergangener Woche nehmen Standesämter Termine für ein neues besonderes Datum entgegen, bei dem es nicht nur um Einprägsamkeit geht: Denn Heiraten im August, das steht in diesem Jahr schlicht für 08/15. Vor allem Samstag, der 15.8., ist begehrt.
Auf Twitter gibt es längst den Hashtag #08/15-Hochzeit. In Berlin läuft der Tag wegen erhöhter Nachfrage unter „Sondereheschließungen“. Genaue Zahlen gibt es nicht. Das Amt in Düsseldorf nimmt für Mitte August schon jetzt keine Paare mehr an. Köln dagegen hat vereinzelt noch Lücken frei.
„Durchschnittlich und 08/15 sind unsere Trauungen aber nie.“ Auf diese Feststellung legt Angelika Barg, Leiterin des Standesamtes in der Domstadt, großen Wert. Schön und besonders soll es sein, eben unvergesslich. Die Redewendung „Nullachtfünfzehn“ oder auch „Nullachtfuffzehn“ geht für sie daher so gar nicht mit dem Thema Heiraten zusammen.
Dennoch war das Kölner Standesamt vorbereitet, als die Anmeldefrist für die Termine in einem halben Jahr losging: Anderthalb Stunden früher als sonst wurden die Türen geöffnet. 15-minütige „Nachmittags-Slots“ im Historischen Rathaus waren von vornherein im Angebot. 45 Paare wollen sich nun Mitte August in Köln das Ja-Wort geben. Normalerweise sind es samstags meist um die 30.
Die maximale Zahl der Vermählungen, die das Standesamt in Düsseldorf an Samstagen leisten kann, liegt bei 16. Alle Termine für den 15. August waren am vergangenen Dienstag innerhalb kürzester Zeit vergeben. In Dortmund gibt es erst gar keine Grenze nach oben: Am 9.9.99 wurden 158 Heiratswillige durch die Säle geschleust.
Auch wenn das Trauen ihr Job ist, die Dortmunder Standesamtsleiterin Claudia Hertkens hält wenig von diesen beliebten Tagen: „Die klammern sich immer alle an Daten. Dabei sollen die Ehen doch gut gehen.“
Dass die 08/15-Ehen zum Scheitern verurteilt sind, glaubt die Heidelberger Psychologin und Paartherapeutin Felicitas Heyne dagegen nicht. „Ich finde, dieses Datum drückt Humor aus. Das Paar zeigt: Wir schaffen eine originelle Gegenbewegung und machen nicht mit bei diesem höher, schneller und spektakulärer mit Tauben und Kutsche. In vielen Freundeskreisen gibt es ja schon einen Konkurrenzkampf, wer die prunkvollste Hochzeit ausrichtet.“
Woher der Begriff 08/15 kommt, wusste Heyne bis vor kurzem nicht. Ihr Mann, mit dem sie seit dem 10.10.1997 verheiratet ist, erklärte ihr dann, dass es um Waffen geht. Im Internet kursieren mehrere Erklärungen zu dem Thema, immer jedoch steht das Maschinengewehr „MG 08“ aus dem Ersten Weltkrieg im Mittelpunkt. Die leichte Variante hieß „MG 08/15“. Mit fast 130 000 produzierten Exemplaren wurde es zum soliden Massenprodukt, auf das im Schützengraben Verlass war.
„Wenn man den Hintergrund kennt, klingt eine 08/15-Hochzeit weniger romantisch“, gibt Psychologin Heyne zu. „Dennoch glaube ich nicht, dass Paare mit dem Gedanken in die Ehe gehen, dass die Beziehung durchschnittlich oder mittelmäßig wird.“ Anne aus Berlin hat am vergangenen Dienstag mit ihrem Zukünftigen beim Standesamt in der Schlange gestanden.
„Natürlich nehmen wir die Ehe Ernst“, versichert sie. Seit sieben Jahren ist sie mit ihrem Stefan zusammen. Für die 38-jährige Lektorin nimmt die 08/15-Hochzeit den Druck. „Wir wollen dass der Tag schön wird, aber er muss nicht um jeden Preis perfekt sein. Es geht darum, dass wir gemeinsam mit unseren engsten Verwandten und Freunden unser Bekenntnis zueinander und unsere Liebe feiern.
Die Form der Feier soll dabei auf keinen Fall den Inhalt überstrahlen.“ In Bayern kann das am 15. August erst gar nicht passieren. Dort steht mit Maria Himmelfahrt ein Feiertag an. „Da sind wir Standesbeamten landesweit Gott sei Dank nicht im Dienst“, heißt es knapp aus dem Amt in München.