„Fest der Liebe“ 200 000 Teilnehmer bei Gay-Pride-Parade in Tel Aviv

Tel Aviv (dpa) - Lack, Glitzer, Federn und über allem die Regenbogenfarben: Über 200 000 Menschen feiern am Freitag in Tel Aviv ausgelassen auf der Gay-Pride-Parade. Mit dem Umzug setzen sich die Teilnehmer für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen (LGBT) ein.

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Bunt geschmückte Wagen schieben sich durch die nicht enden wollende Menge aus Menschen, die an diesem heißen Junitag ihre Liebe mit wummernden Bässen feiern. Frau küsst Frau, küsst Mann, küsst Trans. „Es ist ein Fest der Liebe, hier kann jeder so sein, wie er ist“, sagt Juval Mischali, der von sich selbst sagt, dass er jede Sexualität in sich trägt.

Und mittendrin: Neomi Serrusi und Tom Cohen. Neomi und Tom finden Frauen und Männer gleichermaßen anziehend. Und sind seit über vier Jahren ein Paar. Bisexualität steht auch im Fokus der diesjährigen Gay-Pride-Parade mit dem Motto „Bisexual Visibility“ (etwa: Bisexuelle Sichtbarkeit).

„Vor einem Jahr hat mir Neomi gesagt, sie wolle gerne Bisexualität als Motto der Parade vorschlagen. Ich habe gelacht und gesagt "Das funktioniert nie"“, erzählt Tom vor dem großen Fest.

Bisexuelle haben noch immer einen schweren Stand in der Szene: „Viele denken, das ist nur eine Phase. "Irgendwann wirst du wissen, ob du schwul oder hetero bist", sagen sie zu mir“, erklärt der 27-Jährige Assistent eines Abgeordneten in Israels Parlament.

Zugehörig fühlen sich die zwei in der LGBT-Szene schon, aber wenn sie sich in einem Schwulen-Club küssen, werden sie oft schräg angeschaut. „Ich bin mit Tom in einer Beziehung, aber finde Frauen trotzdem attraktiv. Ich kann beide Identitäten in mir tragen, auch ohne sie auszuleben“, sagt die 30-jährige Neomi und Tom fügt hinzu: „Bisexuell zu sein, bedeutet nicht, mit der ganzen Welt ins Bett zu wollen.“

Eröffnet wird die Parade von Tel Avivs Bürgermeister Ron Chuldai, der sagt: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis wir eine Gesellschaft sind, in der sich jeder gleich fühlt und gleich ist und sein Leben leben kann, wie er möchte.“ Dafür möchte sich auch die 15-jährige Margo Golan einsetzen: „Bisexuelle werden in der Szene oft weniger geschätzt als Schwule oder Lesben,“ sagt Margo, die selbst lesbisch ist. „Ich bin hier, um die Bisexuellen zu unterstützen.“

Das Problem der bisexuellen Szene sei, dass es kaum bekannte Vorbilder gebe, erzählte Neomi. Als die transsexuelle Dana International 1998 den Eurovision Song Contest für Israel gewann, sei das ein starkes Signal für die Szene gewesen: „Wir sahen: Wir können Erfolg haben, trotz unserer sexuellen Ausrichtung.“

Auch Efrat Tolkowsky, Repräsentantin der Stadt Tel Aviv, möchte, dass man diesen Erfolg sieht: „Der Umzug ist für uns eine klare Stellungnahme, um zu sagen: Wir sind hier, wir sind stark und wir sind viele.“

Schon seit rund zwei Jahrzehnten findet der große Feierzug in Tel Aviv statt, die Küstenstadt gilt als Zentrum der Queer-Szene im Nahen Osten. Der Gay-Pride-Parade in Tel Aviv folgen ähnliche Veranstaltungen in ganz Europa: Die größten deutschen Umzüge finden am 9. Juli in Köln und am 22. Juli in Berlin statt. Tausende Polizisten sicherten die Veranstaltung, die bis zum Nachmittag friedlich verläuft.