Anke Engelke „rettet die Ehre des Grand Prix“
Berlin/Baku (dpa) - Anke Engelke - „Unser Star von Baku“. Die 46-Jährige hat beim Eurovisions-Finale in Baku als Einzige vor einem 100-Millionen-Publikum in Europa live die autoritäre Führung Aserbaidschans kritisiert.
Auf der offiziellen Grand-Prix-Party in Hamburg fanden außerdem die Altrocker Udo Lindenberg und Peter Maffay klare Worte pro Demokratie. Und Amnesty International verteilte symbolisch „Null Punkte“ an den Gastgeber des Eurovision Song Contest 2012.
Engelke kritisierte die Zustände in Aserbaidschan nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern charmant und mit einem Blick nach vorn. „Heute Nacht konnte ja niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, abzustimmen, und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf eurer Reise, Aserbaidschan. Europa schaut auf euch“, sagte sie in der Live-Schalte nach Baku, bevor sie als Juryvorsitzende die deutsche Punktwertung verkündete.
Dafür wurde sie am Sonntag hochgelobt: In Medienkommentaren, im Internet und von der ARD selbst. „Anke Engelke hat mit ihren klaren, klugen und charmanten Worten die Ehre des ESC gerettet“, sagte der ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber.
Doch auch um die bombastische Finalshow in der von Deutschen gebauten Crystal Hall am Ufer des Kaspischen Meeres herum verstummte die Kritik an Präsident Ilcham Alijew nicht. Etwa 500 Mitglieder von Amnesty zeigten am Samstag bei der Jahresversammlung der Menschenrechtsorganisation in Neu-Ulm gelbe Schilder mit einer großen schwarzen Null darauf - für Bakus Leistung in Sachen Menschenrechte.
Das Internationale Presseinstitut (IPI) in Wien verlangte am Tag vor dem Finale von Alijew, Berichte über Angriffe auf Journalisten vollständig und transparent zu untersuchen. In dem offenen Brief forderte IPI-Direktorin Alison Bethel McKenzie den Präsidenten auch auf, die Fälle von sechs inhaftierten Reportern zu überprüfen. Internationale Beobachter hätten berichtet, dass die Beschuldigungen, die zur Inhaftierung der Journalisten führten, wegen ihrer kritischen Berichterstattung konstruiert worden seien.
Vor seinem Auftritt auf der Eurovisions-Party in Hamburg sagte Udo Lindenberg, er habe lange überlegt, diesen ESC zu boykottieren, denn: „Aserbaidschan ist - wie ihr wisst - ein grausames unfreies Land.“ Doch die Musik sei ja eine positive Kraft. Peter Maffay sang mit Carl Carlton den Amnesty-Jubiläumssong „Toast To Freedom“ und sagte: „Wir stehen auf Musik, wir stehen auf Unterhaltung. Worauf wir nicht stehen ist, dass in gewissen Ländern die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Das ist in Aserbaidschan leider der Fall, und das ist auch in anderen Ländern der Fall. Und gegen diese Situation richtet sich dieser Song.“