Das Pferderennen von Ascot steigt zum 300. Mal
London (dpa) - Prinz Frederick von Hannover hatte es im Jahr 1823 besonders eilig. Im gestreckten Galopp hielt der damalige Herzog von York aufs Ziel zu - und er schaffte es. Frederick erreichte die königliche Loge der Galopprennbahn von Ascot noch bevor die hinter ihm hereilenden Jockeys mit ihren Rennpferden im Ziel waren.
Das königlichste aller Pferderennen feiert in diesem Jahr 300-jähriges Bestehen. Seine Geschichte ist voller Anekdoten. Die meisten drehen sich um eines der drei wichtigsten Dinge von Ascot: Pferde, Hüte und die königliche Familie.
Königin Anne hatte das Rennen 1711 ins Leben gerufen, um schnelle Schlachtrösser für den Krieg auszuwählen. Seitdem hat Ascot viele Sieger gesehen. Legendäre Pferde wie „Yeats“, der zwischen 2006 und 2009 als bisher einziger viermal in Folge das wichtigste Rennen in Ascot, den Gold Cup, gewann. Oder wagemutige Jockeys wie Fred Archer, der bei nicht weniger als 80 Rennen siegte. In diesem Jahr sind für die 30 Rennen mit 500 Pferden vier Millionen Pfund (rund 4,5 Millionen Euro) Preisgeld ausgelobt. Die Pferde sind längst nicht mehr die einzigen Protagonisten.
Mindestens genauso wichtig sind Hollywood-Größen und Ölscheichs, Oligarchen und Finanzadel. Ascot ist Modenschau und Gesellschaftsparty, Pflichtveranstaltung für Society-Ladies und solche, die es werden wollen. Die Tradition von einst ist aber geblieben. Noch heute wird jedesmal eine Glocke geläutet, wenn die Pferde auf die Zielgerade einbiegen. Früher war das Klingeln lebensnotwendige Verkehrsregelung für Jockeys und allzu neugierige Zuschauer.
Heute geht es selbstverständlich gesitteter zu auf der königlichen Rennbahn. Auch Queen Elizabeth II. kommt nicht mehr hoch zu Ross mal eben vom nahen Schloss Windsor rübergeritten. Die pferdeverrückte Monarchin lässt sich zu jedem Renntag aufs Neue im Sechsspänner vorfahren. Der Normalbesucher kommt im Bentley.
Für die Zuschauer gelten strenge Regeln, der Dress Code ist eine der wichtigsten. Für das Fußvolk auf der 2006 für 220 Millionen Pfund sanierten Haupttribüne reichen Hemd und Krawatte. In der Royal Enclosure - dort, wohin es alle zieht, die entweder schön oder reich oder beides sind - geht das so einfach nicht. Der Herr hat Stresemann und Zylinder zu tragen - und diesen nur beim Essen oder in geschlossenen Räumen abzusetzen. So steht es geschrieben. Selbst für Weste, Krawatte und Hemdmanschetten gibt es Empfehlungen.
Den Damen wird nicht exakt gesagt, was sie zu tragen haben. Dafür gibt der königliche Treuhänder ihnen unmissverständlich zu verstehen, was gar nicht geht: Minirock, schulterfrei, Spaghetti-Träger. Wer die Regeln einhält und die entsprechende Einladung erhalten hat, darf sich dann ganz in der Nähe von Prinzessinnen und Herzögen tummeln. Während auf den Rängen die Pferdenarren hohe und höchste Beträge auf die Rivalen der der Rennbahn setzen, drehen sich die Wetten in der Loge um andere Dinge. Die Frage nach der Farbe des Hutes der Queen ist für die Buchmacher täglich eine sichere Einnahmequelle. Am Eröffnungstag kam Ihre Majestät in blassgrün.
Traditioneller Höhepunkt der fünftägigen Rennwoche ist der Donnerstag - „Ladies Day“ genannt. Die Jockeys geben dann beim Kampf um den XXX, den Hauptpreis der Rennwoche, alles. Die Damen tun das auch. Heraus kommen - dagegen würde keiner wetten - die verrücktesten Hutkreationen der Welt. Am Dienstag erschien eine Besucherin mit einem mehr als einen Meter großen Geflecht aus Kunsthaar, Perlen und Blumen auf dem Kopf - und kam leicht ins Schwanken. „Es ist ein bisschen schwierig zu tragen, aber ich war früher Balletttänzerin, das hilft vielleicht ein wenig“, sagte Anneka Tanaka-Svenska. Vor Jahren erschien eine Dame mit einer Nachbildung der Oper von Sydney auf dem Kopf.