Der Karneval und die Angst - Extremisten stören die Vorfreude

Die Kölner Karnevalisten haben ihren „Charlie Hebdo“-Wagen abgesagt. In Düsseldorf wollen am Rosenmontag Rechtsradikale marschieren. Die US-Regierung hat eine Reisewarnung herausgegeben. Die Vorfreude auf den Straßenkarneval ist in diesem Jahr getrübt.

2007 fuhr dieser Mottowagen "Nachgeburt", bei dem eine Hitler-Figur die Partei NPD ausscheidet, in Düsseldorf mit. 2015 geht die Angst bei den Narren um: Die Kölner Karnevalisten haben ihren Charlie-Hebdo-Wagen abgesagt. In Düsseldorf will am Rosenmontag die Dügida marschieren, die US-Regierung gibt eine Reisewarnung für den Rosenmontag heraus.

Foto: Federico Gambarini

Düsseldorf. Die US-Regierung hat für ihre Bürger eine Reisewarnung herausgegeben: Sie gilt auch für den Rosenmontag in Düsseldorf, wo wieder Hunderttausende den Höhepunkt des Straßenkarnevals feiern wollen.

An diesem Tag kommen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zwei Dinge zusammen: der politisch gewohnt bissige Rosenmontagszug der Narren, die sich von den islamistischen Anschlägen von Paris nicht einschüchtern lassen wollen - und die Demonstration der von Rechtsextremisten gesteuerten islamkritischen „Dügida“. Das US-Außenministerium rät im Zusammenhang mit der Demo, größere Menschenmengen zu meiden.

Auch bei der Polizei beobachtet man die Mischung mit Unbehagen. Ein Verbot des Aufmarschs der Rechten wird diskutiert. Offiziell will sie sich dazu nicht äußern, schließt eine solche Maßnahme aber auch nicht aus.

„Am Rosenmontag spricht viel für einen polizeilichen Notstand“, sagt der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) offen. „Es wäre geboten - bei aller Wertschätzung für das Demonstrationsrecht - den Dügida-Aufmarsch an diesem Tag nicht zuzulassen“, so das Stadtoberhaupt zur Zeitung „Express“.

Vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht hatte sich bislang aber die Dügida - ein Ableger der Pegida-Bewegung - auf ganzer Linie durchgesetzt, nicht einmal die Demonstrationsroute bekam die Polizei verlegt. Wegen einiger Dutzend rechter Anti-Islam-Demonstranten bricht seither jeden Montagabend rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof der Verkehr zusammen.

Sollten sich die rechten Demonstranten am Rosenmontag auch mit richterlicher Billigung unter das Narrenvolk mischen dürfen? Man habe für die Kostümierung schon reichlich Sprengstoffgürtel-Attrappen besorgt, frohlockt Dügida. Nach dem Stopp eines „Charlie Hebdo“-Wagens im Kölner Karneval könnte das die Aufmerksamkeit der Islamisten erst recht auf Düsseldorf richten.

Hinter den Anti-Islam-Provokationen der Dügida, von der sich sogar die sächsische Pegida distanziert hat, stecken laut Verfassungsschutz Strippenzieher aus dem Umfeld der rechtsextremen Pro NRW. Die Splitterpartei hat bereits vor drei Jahren Gewaltausbrüche von Islamisten in Solingen und Bonn provoziert.

Das Comitee Düsseldorfer Carneval bemüht sich derweil mit seinem Präsidenten Josef Hinkel um Normalität: Es gebe keine besondere Bedrohungslage für den Rosenmontagszug, betont Hinkel. „Das ist sicher kein einfacher Tag für die Polizei“, sagt Karnevalssprecher Hans-Peter Suchand. „Aber das Häuflein will ja zeitversetzt demonstrieren - etwas anderes würde sicher auch niemand genehmigen.“

Die Düsseldorfer Wagenmotive bleiben bis Rosenmontag traditionell geheim. Wagenbauer Jacques Tilly hat schon Osama bin Laden, Salafisten und andere religiöse Eiferer, aber auch Rechtsradikale auf die Schippe genommen. Doch auch er ist bemüht, die Dinge nicht eskalieren zu lassen: „Ein Mohammed fährt auf jeden Fall nicht mit, ich bin doch nicht lebensmüde.“

Und der Sprecher des Comitees Düsseldorfer Carneval drückt es so aus: „Gott und der Prophet sind tabu, aber Bodenpersonal geht immer.“