Familie für Fortgeschrittene
Hamburg (dpa) - Schauspieler Götz Schubert mochte als Schüler gern Mathematik, „obwohl ich kein toller Mathematiker war“, wie er sagt.
Und er mochte seinen Mathe-Lehrer: „Der war schon ziemlich großartig.“ Nun darf er selber einer sein, nicht gleich „großartig“, aber freundlich, humorvoll und hilfsbereit, einer, bei dem Unterricht eigentlich Spaß machen müsste. Doch das Privatleben dieses Pädagogen ist deutlich problematischer als das an der Schule - und auch das eigentliche Thema des Films „Familie für Fortgeschrittene“, den die ARD an diesem Freitag (9. Dezember) um 20.15 Uhr zeigt.
In dem Film von René Heisig - nach einem Buch von Silke Steiner - ist Mathe-Lehrer Oliver Witwer geworden. Nach angemessener Trauerphase trifft er auf eine andere Frau, die von Gesine Cukrowski gespielte Gärtnerin Johanna. Die Liebe ist groß. Ihretwegen verlässt Stadtmensch Oliver sogar das heimatliche Berlin und zieht auf ein bayerisches Dorf, wo Johanna eine ererbte Gärtnerei unterhält. Erstmal also alles in Butter. Aber die beiden haben Kinder: Oliver kommt mit Tochter Holly, die innig am Bild der toten Mutter hängt; die geschiedene Johanna bringt Tochter Lisa und Sohn Max in die neue Beziehung mit ein, und Johannas Ex (Michael Fitz) versucht heftig, beide Kinder auf seine Seite zu ziehen. Ein Spannungsfeld, wie es tausende Familien in Deutschland kennen.
Auch Götz Schubert kennt das Thema Patchwork-Familie. Er hat im engsten Verwandtenkreis erlebt, wie schwierig das manchmal sein kann: „Ich glaube nicht, dass Patchwork eine Art Modell für die Familie der Zukunft, eine alleinig erstrebenswerte Möglichkeit des Zusammenlebens sein kann“, sagt er im dpa-Interview. „Das alles ist nicht unproblematisch und kann nur leidlich gelingen, wenn alle wirklich entschlossen sind, daran mitzuarbeiten.“
Hier in der Film-Familie ist man es. Dennoch treten immer wieder kleine Konflikte auf. Obwohl sich das Elternpaar herzlich liebt. Obwohl sich auch die Kinder mit der Zeit ganz gut verstehen. Aber da braucht Johanna nach dem Ausfall einer Heizanlage dringend Geld, bekommt von der Bank keinen Kredit, will kein Darlehen vom Ex annehmen und auch keines vom neuen Lebenspartner.
„Sie hat sich wohl beim Scheitern ihrer ersten Ehe geschworen, nie wieder von einem Mann abhängig zu sein. Das verstehe ich gut“, sagt Schubert. Doch den eigentlichen Konflikt sieht er mehr im Stadt/Land-Gegensatz: „Der Oliver wechselt ja in einen sehr anderen Kulturraum über. Das ist halt für einen Stadtmenschen wie ihn nicht ganz einfach.“ Auch er selbst, mehr Stadt- als Landmensch und bei Berlin zu Hause, im „Speckgürtel der Stadt“, möchte nicht in dem bayerischen Dörfchen leben, wo gedreht wurde, „obwohl es dort wunderschön ist“.
Seine Rolle ist mehr leise, auf Kammerton gestimmt, eine Abwechslung und auch ein bisschen eine Erholung nach all den schweren Brocken, die er sonst so zu stemmen hat - wie zuletzt in diesem Sommer bei den Zwingerfestspielen in Dresden den gewaltigen Sachsenkönig August den Starken. Da darf er denn hier die feineren Töne anschlagen, im Gefühl: „Na ja, beim nächsten Mal kommt es sicher wieder anders. Dann darf ich wieder die Komödiantensau rauslassen.“