„Frankfurter Rundschau“ vor dem Ende
Frankfurt/Main (dpa) - Die seit vielen Jahren kriselnde linksliberale Tageszeitung „Frankfurter Rundschau“ steht vor dem Ende. Der Verlag, der dem Kölner Medienhaus M. DuMont Schauberg MDS und der SPD-Medienholding DDVG gehört, stellte am Dienstag Insolvenzantrag.
Betroffen sind 487 Mitarbeiter.
Angesichts massiver Verluste sei „keine Perspektive der Fortführung des Unternehmens mehr erkennbar“, teilten die Eigentümer mit. Ziel sei es, zunächst den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Die Gehälter der Mitarbeiter seien bis Ende Januar 2013 durch das Insolvenzgeld abgesichert.
Die Eigentümer machen massive Umsatzrückgänge im Anzeigen- und Druckgeschäft für die Finanzmisere verantwortlich. Es habe seit April ein massives Einbrechen im Stellenmarkt gegeben, sagte auch FR-Geschäftsführer Karlheinz Kroke. In den kommenden Tagen solle versucht werden, mögliche Investoren anzusprechen. Allerdings äußerte sich Kroke skeptisch zu den Erfolgsaussichten.
Die Belegschaft wurde am Nachmittag informiert und zeigte sich tief enttäuscht. „Die Stimmung bei uns geht von Trauer bis Wut“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Marcel Bathis. „Für mache ist es aber auch eine Erlösung, weil man jetzt weiß, was ist.“
Der neue Insolvenzverwalter, der Frankfurter Anwalt Frank Schmitt, schloss Kündigungen nicht aus: Es werde zwar jede Sanierungsoption geprüft, sagte er nach einem Treffen der Belegschaft am Nachmittag. „Worst case wäre es aber, wenn uns nichts anderes übrig bleibt, als Mitarbeiter zu entlassen.“
MDS und DDVG dankten der FR-Belegschaft unter anderem dafür, dass sie mit Gehaltsverzicht zum Versuch beigetragen hatte, die Zeitung zu retten. „Eine sich nunmehr abzeichnende dauerhafte Finanzierung hoher Verluste ist aber sowohl für MDS als auch die DDVG nicht länger darstellbar“, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Auflage der „FR“, die 1945 gegründet wurde, war von 190 000 im Jahr 2001 auf zuletzt 118 000 gesunken.
Im Jahr 2004 hatte die DDVG 90 Prozent der Anteile am „Druck- und Verlagshaus Frankfurt a. Main GmbH“ übernommen und damit die „Frankfurter Rundschau“ (FR) vor der Pleite bewahrt. 2006 stieg MDS ein und übernahm mit 50 Prozent plus einer Stimme die Mehrheit. Bei MDS erscheinen auch „Kölner Stadt-Anzeiger“, „Kölnische Rundschau“, „Berliner Zeitung“ und „Mitteldeutsche Zeitung“ sowie die Boulevardzeitungen „Express“, „Hamburger Morgenpost“ und „Berliner Kurier“ mit einer täglichen Auflage von über einer Million.
MDS investierte seit der Übernahme nach eigenen Angaben 136 Millionen Euro in die „FR“. Etliches wurde versucht, um die Zeitung auf Kurs zu bringen: 2007 modernisierte der Verlag die „FR“ stellte sie auf das handliche Tabloid-Format um. Die Auflage stabilisierte sich vorübergehend bei 150 000. Doch die Zeitung machte weiter Verluste. Seit 2011 wurde deshalb der Mantel von der MDS-Redaktionsgemeinschaft in Berlin produziert, zusammen mit den überregionalen Seiten der „Berliner Zeitung“.
Zuletzt hatte die FR in Arnd Festerling wieder einen eigenen Chefredakteur. Damit sollte sie auf ihrem lokalen Markt gestärkt werden. Zugleich gab es Überlegungen, das Blatt zumindest in Norddeutschland komplett von einer Papier- auf eine Digitalzeitung umzustellen.
Doch die Verluste beschleunigten sich: Allein 2012 kam bis jetzt ein Minus von 16 Millionen Euro hinzu. Die Geschäftsführung habe daher keine Chance gesehen, die Verlustzone zu verlassen, teilten MDS und DDVG mit. Noch im April hatten sie sich bereiterklärt, gemeinsam weitere 25 Millionen Euro in die Fortführung der „FR“ zu stecken. Diese Summe, die bis 2015 hätte reichen sollen, wäre aber wegen der jüngsten Umsatzeinbrüche schon 2013 aufgebraucht gewesen. Deshalb stellte der Verlag nun den Insolvenzantrag.
Eine Chance für die traditionsreiche Zeitung sieht Geschäftsführer Kroke einzig über den Gewinn neuer Leser: „Am Kostenrädchen ist schon erheblich gedreht worden.“ Es sei kaum möglich, die Zeitung günstiger zu produzieren.