Für Leonard Lansink ist Wilsberg ein Segen
Münster (dpa) - Ist Leonard Lansink Wilsberg? Oder ist der ZDF-Ermittler vom Samstagabend Lansink? Für einen Schauspieler ist das eine unverschämte, geradezu ehrabschneidende Frage.
Natürlich spielt Lansink nur eine Rolle. Allerdings eine, die er seit fast 20 Jahren mitgestaltet. Am 7. Januar wird der Schauspieler mit westfälischen Wurzeln und der Wahlheimat Berlin 60 Jahre alt. Für den Schauspieler Lansink ist die Serie kein Fluch. „Für mich gibt es nur Segen. Es ist mir recht, wenn die Leute mich auf der Straße mit "Wilsberg" ansprechen. Das stört mich nicht“, sagte Lansink vor seinem Geburtstag der Deutschen Presse-Agentur.
Zuletzt wollten am 2. Januar rund 7,6 Millionen Zuschauer „Wilsberg“ sehen. Lansink spielt eine muffelige, zerknautschte, aber herzensgute Figur, die die ZDF-Zuschauer seit Jahren in ihr Herz geschlossen haben. Der ständig unter Geldnot leidende Privatdetektiv betreibt in Münster ein schlecht laufendes Antiquariat.
Zur beruflichen Sicherheit, die die ZDF-Produktion „Wilsberg“ dem Darsteller verholfen hat, kommt im Jahr 2011 eine private hinzu. Lansink lernt in Münster seine Frau kennen und heiratet. Das kuriose: Beide sind im gleichen Gelsenkirchener Vorort großgeworden, beide sind Schalke-Fans, beide durch und durch Westfalen. Ihren Wohnsitz haben sie trotzdem samt Hund in Berlin.
Am Steuer des Autos zwischen Münster und der Hauptstadt sitzt seine Frau. Vordergründig eine weitere Parallele zwischen Wilsberg und Lansink. Aber nur auf den ersten Blick, denn während der notorisch klamme Privatdetektiv kein Auto hat, hat der Schauspieler nie einen Führerschein gemacht. „Ich finde es ungeil, Auto zu fahren, mir ist das nicht wichtig“, sagt Lansink. Außerdem habe er eine Links-Rechts-Schwäche und korrigiere immer das Navi beim Fahren, wenn seine Frau am Steuer sitze.
Dass der Westfale nicht viel redet, ist Lansink recht. „Tag, Pils?“ Mehr müsse nicht sein. „Das reicht, man muss darauf auch nicht immer antworten. Dem Westfalen reicht das“, sagt der Schauspieler beim Kaffee am frühen Sonntagmorgen, zu seinen Füßen unter dem Tisch liegt sein Hund, ein schwarzer Retriever. Lansink ist entwaffnend ehrlich: „Handballtorwart war ich in der Jugend, weil ich faul und dumm war“. Er spricht bei Markus Lanz im Fernsehen über seine überwundene Krebserkrankung und über Räumungsklagen, weil er als junger Schauspieler die Mieten nicht bezahlen konnte.
Existenzängste, die einen quälen, habe er natürlich gehabt. Besonders in den Anfangsjahren, als er in München in der Theaterszene lebte. „Aber ich bin Phlegmatiker, Magengeschwüre habe ich deshalb nicht bekommen.“ Der Lymphdrüsenkrebs habe ihn verändert. „Ich bin heute gröber zu den Leuten, die mir die Zeit stehlen“, sagt Lansink.
Seine Lieblingsfolge bei „Wilsberg“ ist die Nummer 28 mit dem Titel „Oh du tödliche“. Der Westfale mit dem Berliner Zungenschlag wünscht sich, dass diese Weihnachtsfolge mit Tannenbaum und Feier im Finanzamt Kult wird und jedes Jahr zu den Feiertagen ausgestrahlt wird. „Das könnte "Der kleine Lord" aus Münster werden“, sagt Lansink in Anspielung auf den TV-Klassiker.
Dass sich seine Wünsche aber nicht problemlos umsetzen lassen, sieht er bei anderen Dingen. „Ich denke, es wäre besser, wenn wir alles in Münster drehen würden. Leute sind hier einfach freundlicher, die Kölner sind genervt. Während uns die Menschen in Münster Drehorte anbieten, sind die Kölner voll angepisst, wenn wir mal wieder eine Straße blockieren“, appelliert der „Wilsberg“-Darsteller an die Produktionsfirma. Außerdem würde er gerne ein Doppel zusammen mit den Kollegen vom Münster-„Tatort“ drehen. Dafür werde er bei Gelegenheit mal den WDR-Intendanten Tom Buhrow ansprechen.
Was kann Lansink noch von der Figur Wilsberg lernen? „Ich müsste mal einen Kursus machen, wie man Türen aufbekommt. Schlösser knacken kann ich nicht“, sagt Lansink. Die Folgen 51 und 52 sind abgedreht. Sein persönliches Ziel sei jetzt die Folge 75. „Bei vier Drehs pro Jahr geht es dann noch bis zu meinem 65. Geburtstag weiter“, rechnet der Krimi-Darsteller vor. Eine Grenze sieht er da aber nicht. „Wobei ich das Alter schon merke, einem Bus kann ich nicht mehr hinterherlaufen.“ Seit einem privatem Reitunfall hat Lansink ein steifes Fußgelenk.