Erwartungsvoll Jessy Wellmer moderiert die „Sportschau“

Berlin (dpa) - Sporthallengeruch, Tartanbahn, Bundesliga am Samstagabend: „Das ist in meiner Kindheit eingebaut worden und hat mich nicht mehr verlassen“.

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Mit Gelassenheit erinnert sich Jessy Wellmer (37) an ihre Jugendzeit in Güstrow in Mecklenburg, als sie ihre Freizeit mit Tennis und Leichtathletik verbrachte. Eine Erfahrung, die hilfreich sein kann, wenn sie von diesem Samstag (18 Uhr) an selbst als Moderatorin im Ersten für die „Sportschau“ über die Bundesliga berichtet.

Seit 2014 war Wellmer bereits als Präsentatorin der „Sportschau am Sonntag“ zu sehen. Jetzt wird sie nach Monica Lierhaus die erste Frau, die für die Samstags-„Sportschau“ vor die Kamera tritt. Zusammen mit Alexander Bommes, Gerhard Delling und Matthias Opdenhövel folgt Wellmer, die vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) kommt, auf Reinhold Beckmann (61), der nach 14 Jahren die Sendung Ende der vergangenen Spielzeit verlassen hatte.

Seit acht Jahren steht die Wahl-Berlinerin vor der Kamera, war unter anderem bei der Fußball-Europameisterschaft, Olympia und zuletzt dem Confed Cup Reporterin. Ein konkretes Vorbild für ihren neuen Job habe sie nicht. „Es ist eher so, dass ich andere Kollegen sehe und mich inspirieren lasse.“

Der Macho-Attitüde, Frauen hätten beim „deutschen Kulturgut Sportschau“ nichts zu suchen, begegnet Wellmer mit einem Konter: „Frauen sollten diesen Sport nicht euch Typen überlassen, sondern einfach mitmischen“, sagt sie.

Demnächst wird sie im Durchschnitt 5,5 Millionen Zuschauer haben - und damit etliche selbsternannte Fußballexperten. Davor habe sie mittlerweile keine Angst mehr. Bei der „Sportschau am Sonntag“ war der Respekt anfangs so groß, „dass ich da stand wie ein erschossenes Eichhörnchen“, berichtet Wellmer.

An Eigenkritik spart sie nicht. „Ich finde die „Sportschau“ mit Jessy Wellmer nie gut“, beschreibt sie ihre chronische Unzufriedenheit, die sich nicht auf ihr Selbstbewusstsein auswirkt. Fußball, ein „Sport für heterosexuelle Jungs“ - über dieses Klischee kann die Journalistin nur lachen. Die „Sportschau“ sei „für dich, eure Frau und eure schwulen Freunde“, sagt sie.

Eigentlich hatte die Mecklenburgerin, die aus einer Sportlehrer-Familie stammt, nicht vor, im Sport oder als Journalistin Karriere zu machen. Nach der Schule rechnete sie fest damit, an der Berliner Humboldt Universität zu studieren und Kinderpsychologin zu werden. Daraus wurde nichts - trotz eines Abiturschnitts von 1,2. „Ich hab dann das genommen, was da war“ - Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, irgendwas mit Medien eben.

Nach dem Volontariat folgte der Einstieg in den Sportjournalismus, der Fußball kam automatisch ins Spiel. Auch in Zukunft wird sie für den RBB weiter Sportsendungen präsentieren. Wie lange sie bei der „Sportschau“ bleiben wird, hängt vom Sender ab. „20 Jahre? Das fände ich optimal.“