Liebe, Luft und Stars: Wien feiert 19. Life Ball
Wien (dpa) - Ein schwules Debütantenpaar dreht sich mit 99 anderen heterosexuellen Pärchen im Flamingo-Look auf dem pinkfarbenen Teppich. Statt auf Ballkleid, setzen viele Gäste lieber auf sexy Körperbemalung.
Und ein weiblicher Papst rät: „Glaube an das Leben vor dem Tod.“
Der 19. Life Ball setzt unter dem Motto „Spread the Wings of Tolerance“ (Breite die Flügel der Toleranz aus) einen spektakulären wie modernen Kontrapunkt zum traditionell-gediegenen Wiener Ballgeschehen.
Die glamouröse Charity-Veranstaltung zugunsten Aids-Kranker und HIV-Infizierter zieht seit Jahren mehr internationale Stars an als der weltberühmte Opernball. Doch mit zunehmender Bekanntheit ist die schrille, aus der Schwulenszene entstandene Veranstaltung trotz Pomp immer ernsthafter geworden.
Zur Eröffnung geben Prominente wie Ex-US-Präsident Bill Clinton, Sängerin Janet Jackson oder die Designer-Familie Missoni einen Rückblick auf die Geschichte von 30 Jahren HIV mit ihren Erfolgen und Rückschlägen. Auch Unbekannte kommen da zu Wort: Eine junge Frau, die sich bei ihrer Geburt bei ihrer Mutter angesteckt hatte, erzählt von Kindergarten-Verbot und Ausgrenzung - eine andere von lebensrettender Therapie. „Ich hoffe, dass meine Enkel von dieser Krankheit in der Vergangenheit reden“, sagt Entertainer Thomas Gottschalk. Schauspielerin Brooke Shields überreicht einen Preis.
Nach Wasser und Erde in den vergangenen Jahren gibt 2011 das Element Luft das Thema für Show und Verkleidung vor. Zahlreiche gefallene oder noch intakte Engel, kaum bekleidete Piloten, Regenbögen oder Federvieh in allen Variationen schweben über den pinkfarbenen Teppich. Sie sei seit Jahren immer dabei und wollte sich auch in diesem nicht abhalten lassen, erzählt ein schwangere, als Schmetterling verkleidete Frau. „Ich glaube, ich bin ein bisschen langweilig angezogen - nächstes Jahr komme ich anders“, stellt die Ehefrau von Bruce Willis, Emma Willis, im schwarz-grauen Spitzen-Abendkleid fest.
Statt im weißen Kleid tanzen die Debütantenpaare im rosa Flamingokleid herein, ein Vogel auf dem Kopf ersetzt die Hochsteckfrisur. Passend dazu ruft dann auch Tanzlehrer Thomas Schäfer-Elmayer, langjähriger Zeremonienmeister des Opernballs, „Alles Leben“ statt „Alles Walzer“ als Eröffnungskommando.
In der opulenten Show, die Marco Schreyl und Doris Golpashin moderieren, schweben unter anderem Erzengel vom Himmel und die Ex-Fernsehsprecherin Chris Lohner gibt als weiblicher Papst Ratschläge für das Leben vor dem Tod. Als Musik-Acts treten unter anderem Österreichs Song-Contest-Teilnehmerin Nadine Beiler und Natasha Bedingfield auf. Der HIV-positive, ehemaligen Sänger von Frankie Goes To Hollywood, Holly Johnson, singt mit „The Power of Love“ dem (Über)leben eine Ballade.
„Nur sechs Frauen und sonst nur fast nackte Männer - das wird eine gute Show“, freute sich das teilnehmende Model Lydia Hearst auf die Modenschau. Die Modezwillinge Dan und Dean Caten setzten darin mit ihrem Label Dsquared2 auf viel Rocker-Schick und gefallene Engel.
„Der Life-Ball ist keine Party für ein paar schräge Vögel, sondern eine der wichtigsten Charity-Veranstaltungen weltweit“, stellt eine Kommentatorin fest. Alle Stars treten kostenlos auf, im vergangenen Jahr hatte das Spektakel nach Angaben der Organisatoren rund 1,6 Millionen Euro eingebracht. Für etwas Verwirrung sorgt nur Modeschöpferin Vivienne Westwood, die zwar überschwänglich Life-Ball-Erfinder Gery Keszler lobt - sich dann aber ausführlich über die Gefahren des Klimawandels auslässt.