Lovelyn ist „Germany's next Topmodel“
Mannheim/München (dpa) - Ein kurzer Augenblick hätte die schöne Glitzerwelt von ProSieben beinahe zerstört: Ausgerechnet in einem besonders dramatischen Entscheidungs-Moment stürmen zwei barbusige Aktivistinnen der Feministinnen-Gruppe „Femen“ auf den „Topmodel“-Laufsteg.
Nur Sekundenbruchteile sind sie im Fernsehen zu sehen, die Security schreitet ein - und ProSieben schaltet schnell auf eine andere Kamera.
Eine der Aktivistinnen trägt den Slogan „Heidi Horror Picture Show“ auf ihrem blanken Oberkörper. „Ich habe gerade Busen vor mir gesehen“, sagt Heidi Klum etwas perplex - und ganz traurig hinterher: „Ausgerechnet in diesem Moment.“ Frauenrechtlerinnen wie an diesem Donnerstagabend in der Mannheimer SAP-Arena hat es bei „Germany's next Topmodel“ doch noch nie gegeben.
Ihre Kritik schon. Dass junge Mädchen in der Show immer wieder auf ihr Äußeres reduziert werden und sich eins von ihnen in dieser Staffel sogar gefallen lassen musste, auf dem Laufsteg ihre Hüften vermessen zu lassen, das treibt vielen die Zornesröte ins Gesicht.
All das aber wollen weder Klum noch die Kandidatinnen in Mannheim hören. Schließlich wird dort niemand geringeres gekürt als „Germany's next Topmodel“. Und die Siegerin ist die zweite große Überraschung des Abends: Es ist die Hamburgerin Lovelyn, die auch Experten und eingefleischte Fans der Sendung vor dem Finale nicht als Gewinnerin auf dem Zettel hatten.
Lovelyn sieht aus wie eine junge Naomi Campbell, ist 16 Jahre alt und sagt über die Staffel: „Das war eine der besten Zeiten meines Lebens.“ Vier Jahre nach Sara Nuru hat Deutschland damit wieder ein dunkelhäutiges „Topmodel“. Gut so.
Im Grunde hat die Jury in der Finalshow gar keine andere Wahl. Publikumsliebling Anna Maria hat es gar nicht erst ins Finale geschafft und während Favoritin und „Million-Dollar-Face“ Luise beim Fotoshooting auf Stelzen versagt und Sabrina und Maike beweisen, dass das Laufsteg-Training in dieser Staffel vielleicht etwas zu kurz kam, bringt die 16-Jährige die Finalshow professionell und fast ohne Fehler hinter sich.
Heidi Klum, die an diesem Wochenende 40 Jahre alt wird, ist so, wie sie seit acht Staffeln immer ist im „Topmodel“-Finale: etwas hölzern. Die Stimme ist einige Oktaven zu hoch, das Kleid in neon-pink mit knallgelben Schuhen ist zumindest gewagt. Zwar schwebt sie mit ihren Juroren Thomas Hayo und Enrique Badulescu in einem Hubschrauber - ein Heidikopter - ein, das war es aber auch schon an Highlights.
Falls Lovelyn sich fragt, was ein „4-Elemente-Walk“ soll, ein Foto-Shooting auf Stelzen oder warum sie mit einem seltsamen, gedrungenen Roboter über den Laufsteg stolzieren muss, dann lässt sie sich nichts anmerken. Die Begründung liefert sie kurz vor Schluss, als sie und die zweitplatzierte Maike („Ich habe Aussehen“) vor dem Mannheimer Publikum ihre Vorzüge anpreisen müssen. „Ich habe so lange auf diesen Moment hingearbeitet“, sagt sie. Und: „Ich habe immer gestrahlt. Von A-Z habe ich alles mitgemacht mit meinen 16 Jahren.“ Wenn das die Femen-Aktivistinnen hören...
Und Heidi? Die lässt sich weder von feministischer Kritik, noch von mäßigen Staffel-Quoten von um die 10 Prozent zu Spitzenzeiten von ihrer betont fröhlichen Moderation oder einer neunten Staffel abhalten. Schließlich sieht es beim Finale auch schon ein wenig besser aus. 3,72 Millionen schalten ein (Marktanteil 12,7 Prozent), in der werberelevanten Gruppe der 14-59-Jährigen sind es 18,2 Prozent. Auch wenn das Finale im vergangenen Jahr noch 19,2 Prozent der werberelevanten Zuschauerzielgruppe erreichte - ProSieben sucht in der Werbepause schon wieder nach Bewerberinnen für den Titel des „Topmodels“ 2014.
Wenn die neue Staffel aber durchgängig erfolgreicher werden soll, müssen sich die Macher allerdings einiges einfallen lassen. Schließlich gibt es nach Jahren der „Topmodel-Suche“ nicht mehr so richtig viel neues zu erzählen. Zickenkrieg, Tränen beim Umstyling, spektakuläre Fotoshootings - alles schon dagewesen.
Den Fans zeigt sich am Donnerstagabend aber ein möglicher Retter: Wenn schon die Laufsteg-Trainer Bruce und Jorge nicht mehr mitmachen dürfen oder wollen: Dieser Burlesque-Trainer aus dem Model-Trainingscamp, der in einigen Einspielungen zu sehen ist, scheint für viele „Topmodel“-Gucker eine wirkliche Alternative zu sein.