Mann mit Schlüpfer: Der späte Star Bryan Cranston
New York/Los Angeles (dpa) - Am Anfang hat Bryan Cranston Werbung gemacht. Schlimme Werbung. Mal stapfte der heute 58-Jährige für Seifen als großes Stinktier verkleidet durch den Bus, mal hielt er mit riesiger Brille, es waren die Achtziger, Hämorrhoidencreme in die Kamera („Und der brennende Schmerz verfliegt!
“).
Cranston hat sich durchgebissen. Der Lohn: Der einstige Werbekasper, dann Serienkomiker („Malcolm mittendrin“) und schließlich Charakterdarsteller („Breaking Bad“, „Argo“) hat sich zu einem der wichtigsten Schauspieler der USA entwickelt.
In 60 Filmen und 75 Serien hat Cranston mitgespielt, aber vor gut zehn Jahren kannte den Kalifornier mit den deutschen Wurzeln kaum ein Mensch. In großen Filmen trat er auf, doch manche Rollen hatten nicht einmal einen Namen. Genau deshalb hatten ihm die Eltern auch von der Schauspielerei abgeraten. Sein Vater hatte es selbst versucht - und war gescheitert. Angeblich nutzte Cranston ihn als Vorbild, als er in „Breaking Bad“ oft die Figur eines jämmerlichen Vaters spielte.
Und so machte der Sohn einen Abschluss in Kriminalistik - und spielte dann doch wieder. Aber zwei Jahrzehnte musste er sich mit Werbung und Nebenrollen durchschlagen. Gleich zweimal spielte er Astronauten und in „Der Soldat James Ryan“ einen Oberst - und trotzdem fragten viele noch „Bryan wer?“. Das änderte sich erst 2000, als er in „Malcolm mittendrin“ den nervösen Familienvater Hal spielte und dafür dreimal für den Emmy nominiert wurde. Bei einigen Folgen führte er Regie.
Und dann kam „Breaking Bad“. Auf dem Cover der DVD steht Cranston nur in Unterwäsche da, in der Hand eine Pistole. Wer eine Drogenkomödie á la „Weeds“ erwartete, wurde eines Besseren belehrt. Cranston spielte den krebskranken Chemielehrer Walter White, der zur Absicherung seiner Familie Drogen kocht und sich immer tiefer in das Verbrechen verstrickt. Die Serie war kreativ, spannend, brutal und vor allem von einer im deutschen Fernsehen unbekannten Vielschichtigkeit. Cranston spielt ein Scheusal, das betrügt, raubt und mordet - und für das man dennoch bis zuletzt so etwas wie Sympathien hat.
White wird immer mehr vom netten Nachbarn zum kaltblütigen Gangster, der Millionen in Stofftaschen herumträgt. „Ja, er hat tonnenweise Geld“, sagte Cranston der dpa. „Aber die Serie zeigt, dass es immer Kosten gibt. Alles hat seinen Preis, auch Geld.“ Im Falle von White: „Dieser Mann verliert fast seine Familie und muss in ständiger Furcht leben. Er hat viel gewonnen, aber noch mehr verloren. So ist das, wenn man sich an den Teufel verkauft.“
Als Walter White hat Cranston nur gewonnen, vor allem den Respekt seiner Kollegen. Kein Geringerer als Oscar-Preisträger Anthony Hopkins (76, „Das Schweigen der Lämmer“) outete sich als Cranstons größter Fan. „Brillant! Ihre Darstellung von Walter White ist die beste Schauspielkunst, die ich je gesehen habe“, schwärmte Hopkins im Herbst 2013 in einem Brief an Cranston. „Spektakulär“ und „absolut fantastisch“ setzte der Brite noch drauf. „Glückwünsche und meinen tiefsten Respekt. Sie sind wirklich ein großer, großer Schauspieler“, beendete Hopkins seine Fanpost, die vom Branchenblatt „Hollywood Reporter“ veröffentlicht wurde.
Auf der Leinwand musste sich Cranston lange Zeit mit kleinen Rollen begnügen. In „Little Miss Sunshine“ (2006) war er ein arroganter Geschäftsmann, in „Larry Crowne“ (2011) ein pornosüchtiger Ehemann, in „Rock of Ages“ (2012) der Bürgermeister von Los Angeles. Der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn holte ihn 2012 für den düsteren Thriller „Drive“ an Ryan Goslings Seite. Cranston spielt den Besitzer einer Autowerkstatt. In dem Oscar-prämierten Politthriller „Argo“ mimte er den CIA-Chef Jack O'Donnell.
Nun kommt Cranston an der Seite einer Riesenechse groß heraus. In dem Blockbuster„Godzilla“ steht er wieder im Labor, diesmal als Wissenschaftler, der einer früheren Atomkatastrophe auf den Grund geht. Weitere Hauptrollen sind unter Dach und Fach. In dem Thriller „Holland, Michigan“ soll er einen Ehemann spielen, dessen Frau (Naomi Watts) den Verdacht hat, dass er ein Serienmörder ist. Cranston hat auch den Zuschlag für das Biopic „Trumbo“ über den legendären Drehbuchautor Dalton Trumbo, der die Vorlagen für Filmklassiker wie „Spartacus“, „Papillon“ und „Ein Herz und eine Krone“ schrieb. In Hollywood stand Trumbo allerdings auf der „schwarzen Liste“ geächteter kommunistischer Künstler.
Einen festen Platz in Hollywood hat Cranston seit Juli 2013 - mit einem Stern auf dem berühmten „Walk of Fame. Die Plakette in der Touristenmeile erhielt er für seine Verdienste in der Sparte „Fernsehen“. Ein Film-Stern könnte vielleicht noch folgen.