Bloß nicht blinzeln! „Mannequin Challenge“ erobert das Internet

Stuttgart (dpa) - Ein bisschen sieht es so aus als stehe die Zeit still. Tausende Menschen in einem Stuttgarter Stadion sind in der Bewegung eingefroren, die sie zuletzt gemacht haben. In Wahrheit tickt die Uhr natürlich weiter - und die Anwesenden haben Mühe, nicht zu niesen oder zu blinzeln.

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Hintergrund ist ein Trend, der momentan das Internet überschwemmt: die „Mannequin Challenge“. Dabei bilden Gruppen eine Art Standbild und drehen ein Video davon.

Bei der Holzfäller-Weltmeisterschaft, die kürzlich in Stuttgart stattfand, starteten 5000 Menschen - Athleten und Zuschauer - in einem Stadion dazu sogar einen Weltrekordversuch. Auch an Promis geht der Hype nicht vorbei.

Unter #MannequinChallenge werden auf Twitter, Instagram oder Facebook laufend neue Videos hochgeladen. Der Begriff verweist darauf, dass Teilnehmer wie Schaufensterpuppen posieren und bewegungslos dastehen.

Prominente Beispiele sind die früheren Destiny's-Child-Mitglieder Beyoncé Knowles (35), Kelly Rowland (35) und Michelle Williams (36), die gemeinsam ein entsprechendes Video veröffentlichten - und dadurch auch Gerüchte um eine Wiedervereinigung schürten. Die Fußballer von Borussia Dortmund nahmen einen Clip im Fitness-Raum auf und bewiesen beim Standbild-Stemmen von Gewichten Körperbeherrschung.

Auch in der Politik ist das Phänomen angekommen. US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton etwa postete am Wahltag einen Clip mit der Bitte „Steht nicht still. Geht heute wählen“, in dem sie mit Sänger Jon Bon Jovi bewegungslos in einem Flugzeug steht. Zum Sieg verholfen hat ihr das letztlich zwar nicht. Experten zufolge nutzen aber auch andere Promis den Trend zur Selbstvermarktung.

„Prominente können sich darüber einerseits als Marke profilieren. Sie zeigen einerseits Fan-Nähe und demonstrieren zugleich, dass sie auf der Höhe der Zeit sind“, sagt Medienforscher Sebastian Buggert vom Rheingold Institut. „Das war sicherlich auch bei Hillary Clinton eine Motivation.“ Gleichzeitig befeuerten Videos bekannter Persönlichkeiten einen Internet-Hype erst so richtig. „Den letzten Kick gibt letztlich oft ein Prominenter, der das aufgreift“, sagt Buggert. „Dadurch steigt der Prestigewert der Aktion sofort schlagartig.“

Auslöser der Aktion war Medienberichten zufolge das Video von Schülern aus Florida. „Eines Tages stand ich vor meiner Klasse“, erzählt die Schülerin, die bei Twitter „Emili“ heißt, der Trend-Newsseite „Inverse“. Eine Freundin habe daraufhin gesagt: „Hey, du siehst aus wie ein Mannequin“. Weitere Freunde seien dazugekommen und hätten wie Schaufensterpuppen posiert. Schließlich veröffentlichten sie das Video mit dem Hastag #MannequinChallenge.

Anders als bei der „Ice Bucket Challenge“, die 2014 das Netz flutete, geht es dabei nicht um einen guten Zweck. Anders ist auch, dass Teilnehmer andere nicht zum Mitmachen nominieren. Doch was macht dann den Reiz aus? „Dass die Leute Lust haben, mitzumachen, hat sicherlich auch mit dem spielerischen Charakter der Aktion zu tun, das Leben einfach mal anhalten“, sagt Buggert. „So wie früher beim Stoppessen auf Kindergeburtstagen.“ Und: Jedes geteilte Video inspiriere andere dazu, etwas Eigenes zu machen.

Der Kardashian-Clan ging sogar so weit, die „Mannequin Challenge“ in einen Kreißsaal zu verlagern. Blac Chyna, Freundin von Rob Kardashian, hielt dazu bei der Geburt ihres Kindes inne.

Ebenso wie die „Ice Bucket Challenge“ oder andere Internet-Trends wie die „Biernominierung“, der „Gangnam Style“ oder „Planking“ dürfte aber auch die „Mannequin Challenge“ von kurzer Lebensdauer sein. Die Videos würden auch gedreht, um sich selbst gut darzustellen, erklärt Medienforscher Buggert. „Wenn es ein alter Hut ist, dann ich mich damit nicht mehr profilieren.“

Tatsächlich steht schon der nächste Netz-Trend in den Startlöchern: Unter #TrumpsComingChallenge oder #TrumpIsComingChallenge laden Nutzer derzeit Videos hoch, in denen jemand ruft, dass der künftige US-Präsident Donald Trump kommt - woraufhin Massen von Menschen schreiend davonrennen.