Shell-Studie Junge Generation: Politisch – und anfällig für Populismus

Berlin · Analyse Deutschlands Jugend will mitreden und mitentscheiden. Sie ist engagiert, aber korrumpierbar, wie die Shell-Studie zeigt.

Eine Frau hält ein Transparent mit der Aufschrift: „Ihr habt verschlafen - wir sind aufgewacht“.

Foto: dpa/Oliver Berg

Von wegen „Null Bock“ oder bloß auf dem Handy daddeln – Deutschlands Jugend meldet sich vermehrt zu Wort und will mitentscheiden. Sie zeigt sich im wachsenden Maße mit der Demokratie zufrieden, ist aber auch anfällig für populistische Thesen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der 18. Shell- Jugendstudie, die am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde.

Dass die junge Generation besser als ihr Ruf ist, war auch schon in früheren Ausgaben der Studie nachzulesen. Immerhin wird diese Expertise schon seit mehr als sechs Jahrzehnten regelmäßig erstellt.

Ein zentraler Befund: Das politische Interesse hat sich weiter stabilisiert. 41 Prozent der Jugendlichen zeigen sich mehr oder minder stark für politische Themen empfänglich. Das sind zwar etwas weniger als bei der letzten Erhebung vor vier Jahren, aber deutlich mehr als zu Beginn der 2000er Jahre. Das jugendliche Engagement werde inzwischen durch ein zunehmendes Umwelt- und Klimabewusstsein verstärkt, erklärte Studienleiter Mathias Albert von der Universität Bielefeld. „Obwohl die Jugendlichen optimistisch in ihre persönliche und die gesellschaftliche Zukunft blicken, sehen sie doch, dass es Zeit ist zu handeln“, erläuterte der Experte. Wer sich schon immer politisch engagiert habe, der tue das jetzt noch intensiver.

So sehr sich junge Leute für Bewegungen wie „Fridays for Future“ begeistern (2015 war noch die Angst vor dem Terror größer als vor dem Klimawandel), so sehr sich eine große Mehrheit mit der Demokratie zufrieden zeigt  (77 Prozent), so distanziert ist allerdings das Verhältnis der jungen Generation gegenüber Politikern. Satte 71 Prozent glauben nicht, dass sich „Politiker darum kümmern, was Leute wie ich denken“. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) wertete das als Alarmzeichen. „Der Befund muss uns wachrütteln“, meinte sie mit Blick auf ihre eigene Zunft.

„Die Regierung verschweigt der Bevölkerung die Wahrheit“

Einerseits weltoffen, andererseits populistische Denkmuster. Das ist eine weitere  zwiespältige Erkenntnis aus der Befragung. So finden es 57 Prozent der Jugendlichen gut,  dass Deutschland viele Flüchtlinge aufgenommen hat. Aber 68 Prozent stimmen der Aussage zu, dass man hierzulande nichts Schlechtes über Ausländer sagen dürfe, „ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden“. Eine mehrheitliche Zustimmung findet auch die Behauptung: „Die Regierung verschweigt der Bevölkerung die Wahrheit“. Die Studienmacher erklären sich diese Einstellung mit dem schon erwähnten Empfinden, als Jugendliche nicht ernst genug genommen zu werden. Ministerin Giffey nannte es derweil paradox, dass es zwar ein großes Vertrauen in die Demokratie gebe, aber nicht in die Institutionen, die die Demokratie prägten.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) stellt die 18. Shell-Jugendstudie mit vor.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Dagegen pflegen immerhin 92 Prozent der Jugendlichen ein positives Verhältnis zu den eigenen Eltern. 74 Prozent würden ihre Kinder genauso oder ähnlich erziehen, wie sie selbst daheim erzogen wurden. Möglicherweise erklärt sich daraus auch das überraschende Ergebnis, wonach die meisten mit Blick auf ihre eigene Zukunft ein traditionelles Familienbild favorisieren. 54 Prozent der zwölf- bis 25-Jährigen  plädieren für ein „männliches Versorgermodell“, bei dem die Frau gar nicht, oder maximal halbtags arbeitet.