Thomas Bellut vor Wahl zum neuen ZDF-Intendanten
Berlin (dpa) - Bei der Wahl des neuen ZDF-Intendanten soll alles besser werden. Nach den parteipolitischen Querelen um Spitzenpositionen in den vergangenen Jahren hat Programmdirektor Thomas Bellut gute Chancen, an diesem Freitag schon im ersten Wahlgang eine deutliche Mehrheit zu bekommen.
Er würde damit im März 2012 Nachfolger von Markus Schächter werden. Auf den neuen Mann kommen schwierige Weichenstellungen im Umbruch zur digitalen Welt zu.
Der 61-jährige Schächter hatte im Januar überraschend angekündigt, dass er nach zehn Jahren im Amt nicht mehr weitermachen möchte. 2002 war er selbst erst nach monatelangem Gerangel und mehreren Abstimmungen in letzter Sekunde vor dem Ausscheiden seines Vorgängers Dieter Stolte zum ZDF-Chef gewählt worden.
Doch diese turbulenten Zeiten scheinen vorbei zu sein. Wenn der Fernsehrat am Freitag im Berliner Hyatt-Hotel zusammenkommt, müssen von den 77 Mitgliedern mindestens 47 für den neuen Intendanten stimmen. Bellut ist derzeit einziger Kandidat - und er steht für Kontinuität. Der Fernsehratsvorsitzende, der CDU-Politiker Ruprecht Polenz, betont: „Ich wollte die Wahl nur dann auf die Tagesordnung nehmen, wenn ich davon überzeugt bin, dass auch die erforderliche Mehrheit erreicht wird. Davon gehe ich nun aus.“ Bellut habe eine sehr überzeugende Arbeit in der Chefredaktion und als Programmdirektor geleistet, so dass er breite Anerkennung genieße.
Der Feuilleton-Chef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Claudius Seidl, hat sich zwar selbst aus einer Laune heraus für diesen Posten ins Gespräch gebracht. Die Bewerbung des ZDF-Kritikers wurde aber nicht im Fernsehrat aufgegriffen und gilt als aussichtslos.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der auch Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats ist, sieht einen neuen Stil im öffentlich-rechtlichen Sender: „Ich erwarte, dass Thomas Bellut mit großer Mehrheit gewählt wird - im ersten Wahlgang. Die Gremienmitglieder haben zweifellos aus den Schwierigkeiten gelernt.“
In der Vergangenheit gab es beim ZDF bei Spitzenpersonalien oft Turbulenzen. Das hat nicht nur Markus Schächter erlebt, sondern auch Thomas Bellut bei seiner Wahl zum Programmchef. Auch damals gab es ein monatelanges Pokern um die Position. Vor rund zwei Jahren war der Sender dann durch eine parteipolitische Auseinandersetzung um den damaligen Chefredakteur Nikolaus Brender gelähmt. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte den Stein ins Rollen gebracht und eine Verlängerung der Amtszeit Brenders abgelehnt.
Für seinen Nachfolger Peter Frey war das ein so gravierender Vorgang, dass er noch zu seinem Amtsantritt im April vergangenen Jahres sagte: „Nach diesen politischen Auseinandersetzungen ist das ZDF wund gescheuert. Die Glaubwürdigkeit ist beschädigt. Wir sind ein Sender auf Bewährung.“ Mit einer glatten Wahl von Bellut könnte der Sender seine Handlungsfähigkeit auch in sensiblen Personalfragen beweisen.
Denn eine Lähmung kann sich das ZDF nicht leisten. Nachdem es Schächter gelungen ist, mit ZDFneo und ZDFkultur eine kleine Senderfamilie aufzubauen, geht es nun darum, in der digitalen Welt zu überleben. „Dazu gehören der konsequente Ausbau von ZDFneo und ein attraktives Angebot im Internet, das die Fernsehprogramme ergänzt“, betont Regierungschef Beck. Der Fernsehratsvorsitzende Polenz sieht eine „gewaltige Aufgabe“ für Bellut: „Das Zusammenschmelzen von Fernsehen und Internet wird dazu führen, dass auch die Binnenstrukturen des Apparats überprüft werden müssen.“