Witze über Macrons Frau Wo hört im Fasching der Spaß auf?

Veitshöchheim (dpa) - Dürfen Narren den Altersunterschied von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und seiner 24 Jahre älteren Ehefrau aufs Korn nehmen?

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Ist es despektierlich, Brigitte Macron dabei als „gut eingefahr'nen Schlitten“, „gut abgehang'ne Dame“ und „schärfste alte Hütte“ zu bezeichnen. Viele Kritiker sagen: Nein, das geht zu weit!

Diesen Wirbel hat die singende, lästernde Komödiantentruppe „Altneihauser Feierwehrkapell'n“ aus der Oberpfalz ausgelöst. Die Feuerwehrmannschaft mit ihrem Kommandanten Norbert Neugirg ließ sich am Freitagabend während der Fernseh-Prunksitzung „Fastnacht in Franken“ - begleitet von vereinzelten Buh-Rufen - minutenlang über den Altersunterschied aus. Sie sang schließlich zur Melodie von „Pigalle“ noch ein Liedchen dazu - „Brigitte, Brigitte, du bist die schärfste alte Hütte mitten in Paris“.

So manchem im Saal blieb dabei das Lachen im Halse stecken. Auch der Landesbischof der evangelischen Kirche in Bayern und Gast der Fernseh-Prunksitzung, Heinrich Bedford-Strohm, war erstaunt. „Das war das stärkste Programm, das ich bisher bei 'Fastnacht in Franken' in Veitshöchheim gesehen habe. Bis auf wenige Ausnahmen (die Sätze über Emmanuel und Brigitte Macron waren voll daneben) eine Kette von Highlights“, schrieb der Kirchenmann am Tag nach der Sendung auf Facebook.

Selbst im Internet-Gästebuch der „Feierwehrkapell'n“ schimpfen Zuschauer über den Macron-Witz. Sie bezeichnen die Äußerungen als „Altherrenwitzjauche“, „primitiv“, „unglaublich beleidigend“ und „unverschämt“. Unter die Kommentare mischen sich aber auch verständnisvolle Äußerungen: „Ihr Beitrag über die Macrons war grenzwertig, aber im Fasching muss man so was abkönnen. Weiter so! Political correctness ist im Fasching völlig unangebracht!“

Der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder sieht das anders. Die „Feierwehrkapell'n“ habe eindeutig eine Grenze überschritten. „Das war mutig und dumm. Das ist ein übles Foul, das nach hinten losgegangen ist“, sagt der Professor für vergleichende Kulturwissenschaften von der Universität Regensburg. Der Angriff auf Macrons Ehefrau sei eine „Ehrverletzung und kein politischer Diskurs“.

Witze im Karneval sollen und dürfen derb sein, sagt Hirschfelder weiter. Aber: „Der Sinn des Karnevals besteht in seiner politischen Diktion darin, auf politische Missstände hinzuweisen und nicht Menschen in ihrer persönlichen Lebenssituation zu diffamieren.“ Die Grenze des Anstands sei mit den Aussagen zu Macrons Frau überschritten. „Das heißt nicht, dass man Macron nicht wegen seiner politischen Fehler hart angreifen darf“, so der Experte für Karnevalsforschung.

In Zeiten der #MeToo-Bewegung sind Witze über Frauen ohnehin meist eine Gratwanderung. Die Gesellschaft scheint genauer hinzuschauen. Das bestätigt auch Kulturwissenschaftler Hirschfelder: Die Gesellschaft sei sensibilisierter bei Themen, die geschlechterspezifisch und frauenfeindlich sind. „So eine Sache wäre vor zehn Jahren noch als misslich, aber eben leider auch normal eingestuft worden.“ Viele Komiker unterlassen deshalb sexuelle Anspielungen vorsichtshalber - oder bringen sie nur gegen die Männer.

Der Bayerische Rundfunk (BR), der die Sendung seit mehr als 30 Jahren live überträgt, kündigte an, dass sich die zuständige Redaktion im kommenden Jahr noch genauer mit dem Fastnacht-Verband und den Künstlern im Vorfeld abstimmen werde. „Bei 'Fastnacht in Franken' handelt es sich um eine kabarettistische Sendung in Zusammenarbeit mit dem Fastnacht-Verband Franken, die grundsätzlich von der Zuspitzung lebt“, erklärte der zuständige Redaktionsleiter und stellvertretende Chef des BR-Studios Franken, Norbert Küber.

„Wenn in diesem Jahr beim Auftritt der 'Altneihauser Feierwehrkapell'n' die sogenannte 'Narrenfreiheit' in der Wahrnehmung einiger Zuschauer indes zu weit ausgelegt war und durch besonders zugespitzte, satirische Passagen Irritationen entstanden sein sollten, bedauern wir dies ausdrücklich.“ Auch der Präsident des Fränkischen Fastnacht-Verbandes, Bernhard Schlereth, will nicht verhehlen, „dass die Zuspitzung vielleicht ein bisschen unglücklich war“.

Beim Bayerischen Rundfunk heißt es zudem, die künstlerische Freiheit sei ein besonders geschütztes Grundrecht. Größere redaktionelle Eingriffe würden diesem Gedanken widersprechen. Schlereth ergänzt: „Es ist immer ein schwieriger Spagat zwischen Zensur und künstlerischer Freiheit.“

Die „Feierwehrkapell'n“ selbst hat sich zu der Debatte weder auf ihrer eigenen Internetseite noch auf Facebook geäußert. Auch eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur blieb zunächst unbeantwortet.

Die „Fastnacht in Franken“ gilt als Quotenschlager. Keine andere BR-Sendung wird von so vielen Menschen geschaut. In diesem Jahr schalteten 4,21 Millionen Menschen deutschlandweit die Sendung ein; allein 2,48 davon in Bayern.

Zu der Fernseh-Prunksitzung kommen seit Jahren fast das gesamte bayerische Kabinett und wichtige Oppositionspolitiker in oft aufwendiger Verkleidung nach Veitshöchheim. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), der künftige Ministerpräsident, erschien als Prinzregent Luitpold. Ob er über die derben Macron-Witze gelacht hat, ist nicht überliefert.