Gesetz: Das Problem mit der Schokolade

Geschichtsprofessor erklärt Kindern die NRW-Landesverfassung.

Düsseldorf. Das Problem hat jeder schon mal als Kind erlebt. Da kommen die Verwandten zu Besuch und für die Kinder gibt es eine Tafel Schokolade als Mitbringsel. Doch wie schafft man es, die Leckerei so zu verteilen, dass jeder den gleichen Anteil hat?

Eine kluge Lösung ist der Grundsatz "Du teilst und ich wähle aus", weil so der Teilende darauf bedacht sein muss, gleich große Stücke abzubrechen.

Dass es das Schokoladenproblem nicht nur am Sonntag beim Kaffeebesuch gibt, zeigt Ewald Frie in seinem gleichnamigen Buch. Dort erklärt der Münsteraner Geschichtsprofessor, der inzwischen an der Uni Tübingen lehrt, Kindern die Landesverfassung Nordrhein-Westfalens. Denn auch dort gibt es etwas zu verteilen, sei es Macht, Geld oder Sitze im Parlament.

Ganz so einfach wie bei der Schokolade ist es aber in einem Bundesland nicht. Deshalb gibt es eine Verfassung, die bei solchen Problemen hilft. Und dass dieses Gesetz nicht stinklangweilig sein muss, sondern auch für Kinder und Jugendliche spannend erklärt werden kann, beweist der Historiker in seinem mit viel Humor verfassten Werk.

Dort werden auch ganz einfache Dinge anschaulich erklärt. Denn wer kann sich schon vorstellen, wie lange die 60 Jahre gedauert haben, seit dem es das Bundesland gibt, und was ist denn überhaupt Geschichte? Das mit den 60 Jahren ist einfach erklärt, das ist die Zeit, die ein Kleinkind braucht, um ein Opa oder eine Oma zu werden. Und eine Geschichte hat selbst der Filzer im Schulmäppchen oder der kleine Nachtisch neben dem Bett im Kinderzimmer.

Frie schafft es, auf den gut 100 Seiten, die junge Generation für das Thema Verfassung zu interessieren, weil er darauf verzichtet den spröden Oberlehrer zu spielen. Stattdessen gibt es zuerst einen ausführlichen Ausflug in die Geschichte der Rheinländer und der Westfalen.

Später erfahren die Leser dann ,wie schwer es ist, bei einem Text den ersten Satz zu schreiben, der bei der Verfassung Präambel heißt und für alle Paragraphen so etwas wie ein Garderobehaken ist. Deshalb passt es auch, sich das Landesverfassungsgericht als eine grummelnde Garderobenfrau vorzustellen, die gewissenhaft überprüft, ob eine Jacke, also ein Gesetz, auch wirklich an ihre Haken passt.

Und da ist dann wieder das berüchtigte Schokoladenproblem, das in den letzten der insgesamt 92 Paragraphen unter dem ziemlich langweilig klingenden Stichwort "Finanzwesen" geregelt wird. Dort geht es nämlich darum, wie die Einnahmen des Landes verteilt werden, denn keiner soll zu viel bekommen. Sonst bekommt er wie bei der Schokolade Ärger, auch wenn es nicht die Eltern sondern die Richter sind, die den Gierigen zurechtweisen.