Philipp Rösler: Er hat das Zeug zum Jungstar

Als Gesundheitsminister steht Philipp Rösler, jüngstes Mitglied des Kabinetts, vor einer gewaltigen Aufgabe.

Berlin. Er ist mit 36 Jahren das jüngste Mitglied der neuen Bundesregierung, aber er hat eine der schwierigsten Aufgaben zu bewältigen: Philipp Rösler, bisher Wirtschaftsminister in Niedersachsen, wird im neuen Kabinett für die FDP das Gesundheitsressort übernehmen.

Nicht viele hatten Rösler vorher auf der Rechnung, möglicherweise nicht mal er selbst. "Es kam mehr als plötzlich", sagte er am Samstag. Nun ist er der erste Bundesminister mit Migrationshintergrund.

1973 wird er in der südvietnamesischen Stadt Khanh Hung geboren, über seine leiblichen Eltern ist nichts bekannt, der Säugling ohne Namen kommt ins katholische Waisenhaus. Neun Monate später adoptieren ihn die Röslers aus Hamburg, die schon zwei leibliche Töchter haben, nennen ihn Philipp.

Der Vater ist Bundeswehrpilot und war ursprünglich Mitglied der SPD. Als Sohn Philipp vier Jahre alt ist, trennen sich die Eltern. Er bleibt beim Vater. Auch der Sohn geht später zur Bundeswehr. Fürs Medizinstudium in Hannover wird er freigestellt, seine Doktorarbeit schreibt er über postoperatives Vorhof-Flimmern nach Bypass-Operationen.

In der Partei steigt er pfeilschnell auf. 1992 tritt er in die FDP ein, mit 27 Jahren ist er in Niedersachsen Generalsekretär, drei Jahre später Fraktionschef im Landtag, mit 33 FDP-Landesvorsitzender.

Bei seinem Privatleben ist Rösler zurückhaltend. Seit sechs Jahren ist er mit seiner Frau Wiebke verheiratet, einer Ärztin. Vor einem Jahr wurden die Zwillingstöchter Grietje Marie und Gesche Helen geboren. Der neue Bundesminister ist Lakritz-Liebhaber und hat eine gewisse Fertigkeit im Bauchreden: "Willi" heißt die Handpuppe, mit der er als Arzt Kinder zum Lachen bringen wollte und auch die ein oder andere Talk-Show bespaßt hat: "Das ist mein doofer Chef Philipp."

Weniger spaßig ist sein Job. An populäre Gesundheitsminister kann man sich kaum erinnern. Rösler muss gefasst sein auf beinharte Auseinandersetzungen mit Pharmaindustrie, Krankenkassen sowie den Vertretern von Ärzten und Patienten. Bisher konnte er sich als Mann mit sozialem Gewissen präsentieren, der ohne Scheu das Wort Solidarität in den Mund nimmt. Natürlich gehöre es zum Wertekanon der Liberalen, "dass der Starke dem Schwachen hilft", erklärte er schon vor Jahren.

Wer damals in Hannover bei ihm angeklopft hat, fand die Tür zu seinem Büro buchstäblich wie bildlich offen. Zwei Dinge fielen sofort auf. Erstens das Stehpult, an dem er Reden übte, über die es später heißt, er habe sie aus dem Stegreif gehalten. Zweitens die zwanglose Atmosphäre und der angenehme Umgang mit seinen Mitarbeitern.

Rösler hat Erfahrung im landespolitischen Geschäft. Aber Verantwortung auf Bundesebene ist etwas ganz anderes und ein Unterschied wie zwischen Chef- und Oberarzt: "Ein bisschen schwindelig ist mir schon", gibt er zu. Die klassische Schonzeit von 100 Tagen wird sich für ihn allerdings länger hinziehen. Bis Frühjahr 2010 hat die Koalition nicht vor, in der Gesundheitspolitik Farbe zu bekennen. Der Ernstfall beginnt für Rösler nach der NRW-Wahl im Mai.

Bis Freitagmittag habe er "eine andere Lebensplanung" gehabt, sagt er, wozu auch die Vorstellung gehört, mit 45 Jahren aus der Politik auszusteigen. Aus ärztlicher Sicht ist es garantiert nicht das Schlechteste, bei allem Engagement eine gesunde Distanz zu wahren.