Plage: Zahl der Wildschweine steigt an

Jäger und Bauern schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

Bonn/Düsseldorf. So könnte es sein: Ein totes Wildschwein wird im Münsterland gefunden. Der Labortest ergibt: Es war mit Schweinepest infiziert. Der fünf Kilometer entfernte Schweinemastbetrieb ist in Gefahr. Seine Schweine wird ihm nach Einschätzung von Experten dann keiner mehr abkaufen.

Dieses Szenario könnte bald Realität werden, glaubt man den Befürchtungen des Rheinischem Landwirtschafts-Verbandes: "Im südlichem NRW gab es schon einige Schweinepestfälle bei Wildschweinen. Und mit der explosiven Vermehrung der Tiere kann die Pest in den Norden kommen und damit zu den großen Schweinemasten am Niederrhein und im Münsterland", sagt Sprecher Karl Nacke in Bonn.

Damit würde den Schweinebauern erheblicher wirtschaftlicher Schaden drohen. Diese Gefahr sieht auch das NRW-Agrarministerium. Die Parole aus Düsseldorf lautet: "Schießen, schießen, schießen - das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben, um die Population noch unter Kontrolle zu halten", sagt Sprecher Wilhelm Deitermann.

Die Jäger wollen diesem Aufruf gerne folgen, haben aber keine große Hoffnung mehr auf ein Gelingen. "Wir haben in der letzten Jagdsaison so viele Wildschweine wie nie geschossen. Aber kurzfristig sind da keine Erfolge zu erzielen", sagt Sprecher Ludger Baumeister vom Landesjagdverband. Die Jagd auf Wildschweine sei extrem schwierig, da sich die Tiere über weite Strecken bewegten und extrem schlau seien.

Laut Deutschem Jagdschutz-Verband wurden bundesweit zwischen April 2008 und März 2009 mehr als 640 000 Schwarzkittel geschossen - die höchste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen in den 1930er Jahren.

So einig sich Bauern und Jäger beim Handlungsbedarf sind, so entzweit sind sie bei der Frage, wie es zur derart starken Ausbreitung von Keiler, Bache und Frischling kommen konnte. "Der vermehrte Maisanbau der Bauern beschert den Wildschweinen ein Nahrungsangebot in Fülle", kritisiert Baumeister vom Jagdverband. Die Bauern sollten Mais nicht mehr direkt am Übergang vom Wald zum Feld anbauen und Schneisen im Feld lassen für ein besseres Schussfeld.

"Die Bauern tragen keine Mitschuld", entgegnet Nacke vom Bauernverband. Er gibt die Kritik zurück: Die Jäger sollten aufhören, die Wildschweine im Spätherbst und Winter durchzufüttern. Dadurch sei es erst zu dieser dramatischen Lage gekommen.

Ein Vorwurf, den auch der Naturschutzbund NRW den Jägern macht. Dessen Sprecher Bernd Fuhs geht sogar noch weiter und wirft den Jägern vor, gegen die Fütterungsvorschriften zu verstoßen und regelrechte Wildschwein-Fütterungsplätze einzurichten. "So wollen die Jäger die Tiere in ihren Revieren und vor ihren eigenen Flinten halten", sagt Fuhs. "Das ist Unfug", wettert Jagdverband-Sprecher Baumeister in Münster. "Jäger sind gesetzestreue Bürger und halten sich an das Fütterungsverbot."