Google und die Welt von gestern

Die Fotos, die der Datenkonzern von nordrhein-westfälischen Großstädten ins Netz stellt, sind zum Teil zwei Jahre alt.

Düsseldorf. Verkehrte Welt im Internet: Das vor rund anderthalb Jahren eingestürzte Kölner Stadtarchiv steht in einer Straßenansicht unbeschadet, statt der neuen Hochhäuser im Düsseldorfer Medienhafen ragen lediglich Baukräne in die Höhe. Zu sehen sind diese veralteten Fotos beim Online-Straßenatlas Google Street View, der am Donnerstag Panorama-Ansichten von neun nordrhein-westfälischen Städten ins Internet gestellt hat. Mithilfe eines kleinen orangefarbenen Männchens können die Straßen von Düsseldorf, Wuppertal, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg, Essen und Köln online durchwandert werden - allerdings sind die Fotos zum Teil mehrere Jahre alt.

Monatelang hatten Politiker und Datenschützer heftig gegen das Online-Angebot protestiert. Rund drei Prozent der betroffenen Haushalte in den 20 deutschen Städten, deren Panorama-Ansichten jetzt im Internet zu sehen sind, legten laut Google daraufhin Widerspruch ein. So kommt es, dass viele Häuser unkenntlich gemacht wurden.

Bei der Stadt Wuppertal etwa hatten sich insgesamt 2600 Bürger in die Einspruchsliste gegen Street View eingetragen. Beim Service-Telefon meldeten sich 350 besorgte Hausbesitzer, als bekannt wurde, dass auch ihre Gebäude fotografiert worden sind.

"Auch mein Haus ist bei StreetView zu sehen", erklärt Ralph Selle-Brandes, Datenschutz-Beauftragter der Stadt Wuppertal. Die Entscheidung für oder gegen Street View müsse letzten Endes jeder für sich selbst treffen. "Wichtig ist, dass gerade auch aus diesem Anlass grundsätzlich über Datenschutz diskutiert und die Öffentlichkeit damit sensibilisiert wird." Es zeichne sich ab, dass Dienste wie Street View erst der Anfang einer langfristigen Entwicklung sind, bei der "nicht nur der Staat großes Interesse an Daten hat, sondern auch Unternehmen."

Auffällig ist, dass besonders in städtischen Wohnstraßen und Villenvierteln viele Häuser unkenntlich gemacht wurden. Ursachen: Angst vor Dieben und die hohe Bevölkerungsdichte. Wo nur ein Haushalt eines Mehrparteienhauses Einspruch einlegte, wurde das gesamte Gebäude unkenntlich gemacht. Alle öffentlichen Gebäude - darunter Ministerien, Gerichte, Gefängnisse, Landtag und Staatskanzlei - sind hingegen gut zu erkennen. "Das sind öffentliche Gebäude, da könnte man ja auch so dran vorbeilaufen", sagte ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums. Man habe nicht vor, diese Gebäude verpixeln zu lassen.

Entgegen zahlreicher Beteuerungen von Google seien hingegen die Gesichter vieler Menschen nicht verpixelt worden, kritisierte die FDP im Düsseldorfer Landtag. Stichproben hätten massive Rechtsverstöße ergeben, sagte der rechtspolitische Sprecher Robert Orth. Auch Kinder seien zu erkennen.