Gourmet-Küche ist für 15 Frauen die Chance ihres Lebens
Starkoch Alain Ducasse bildet in seinen Nobel-Restaurants Arbeitslose aus, die als hoffnungslose Fälle galten.
Paris. Es war demütigend. Immer wenn sich Naima beim Arbeitsamt in der Pariser Banlieue, der sozial schwachen Vorstadt, in die Schlange der Suchenden einreihte, erntete sie eine schroffe Absage. Marokkanische Einwanderin, Mutter von drei Kindern und schon 35 Jahre alt. „Ich kam mir vor wie eine Null“, sagt Naima.
Dass sie und 14 ähnlich hoffnungslose Fälle heute trotzdem in Lohn und Brot stehen, haben sie vor allem einem Mann zu verdanken: Frankreichs Starkoch Alain Ducasse (Foto: dpa). „Fünfzehn Frauen mit Zukunft“ heißt das ehrgeizige Job-Projekt, das der erfolgreiche Gastro-Großunternehmer im vergangenen Herbst ins Leben gerufen hat.
Seine Devise: Nicht auf den Staat warten, sondern selber mit anpacken für eine etwas bessere Welt. 15 Frauen verspricht der Starkoch eine anspruchsvolle neunmonatige Ausbildung am Kochtopf samt Berufsschule, Abschlussprüfung und Gesellenbrief. Gefunden hat er die Frauen dort, wo die Arbeitslosigkeit am höchsten und die Hoffnung am geringsten ist: in den Quartieren von Sarcelles, einer Vorstadt nördlich von Paris.
Arlude ist mit 24 die Jüngste der Gruppe, Malika mit 43 die Älteste. Fast alle sind Einwanderinnen, sie leben von Sozialhilfe, einige sind alleinerziehend. Neben großer Leidenschaft für die Herdkunst erwartet Alain Ducasse von ihnen Ehrgeiz, Belastbarkeit und Durchhaltevermögen.
Für Naima ist der unverhoffte Brückenschlag zwischen dem schicken Paris der Nobel-Restaurants und der Banlieue auch ein Kulturschock. „Ich lebe schon zehn Jahre hier, aber von französischer Küche hatte ich keine Ahnung“, erzählt sie. Ihre kleine Kochwelt bestand aus Couscous, Kichererbsen und Feigen, den Zutaten ihrer Heimat.
In der modernen Lehrküche der Berufsschule von Sarcelles steht jetzt die neue Naima am Topf: die Herdkünstlerin à la française, in schicker weißer Jacke mit eingesticktem Namen. „Genau 140 Grad müssen es sein“, sagt sie und schaut prüfend aufs Thermometer. Dann wirft sie hauchdünn geschnittene Porreestreifen ins siedend heiße Pflanzenöl, um sie mit dem Schaumlöffel rasch wieder herauszuheben. Damit garniert sie goldbraun gebratene Lachsstreifen.
Am meisten freut sich Naima darauf, dass sie eine Zukunft ganz nach ihrem Geschmack vor sich hat. Vor wenigen Tagen hat sie zuerst die Gesellenprüfung mit Bravour bestanden und dann noch gute Nachrichten aus dem Hause Ducasse erhalten: Sie wird übernommen.