Grubenunglück: Lebenszeichen aus der Tiefe
Chile feiert die verschütteten Bergarbeiter, die überlebt haben. Doch ihre Rettung dürfte noch Monate dauern.
Santiago de Chile. Gold und Kupfer sollten sie holen - dann schloss der Fels sie in 688 Metern Tiefe ein. Selbst im Lager "Esperanza" nahe der Unglücksmine San José in Chiles Atacama-Wüste war die Hoffnung zuletzt gesunken. Familien und Freunde campieren dort seit dem Grubenunglück am 5. August, warteten verzweifelt auf eine Nachricht von den 33 verschütteten Bergarbeitern. Am Sonntagabend kam dann die erlösende Botschaft: "Sie leben."
Immer wieder waren die fieberhaft arbeitenden Rettungsmannschaften trotz modernsten Gerätes mit ihren Versuchen gescheitert, Kontakt zu den Vermissten herzustellen. Zuletzt stellte sich ein riesiger, rund 700 000 Tonnen schwerer Felsbrocken in den Weg. Dann aber gelang der Durchbruch. Eine winzige Bohrsonde fand ihren Weg durch einen etwa acht Zentimeter großen Schacht in den Schutzraum, in dem die 33 Männer seit nunmehr fast drei Wochen ausharren.
An der Erdoberfläche brach einer stürmischer Jubel der Erleichterung aus, als Staatspräsident Sebastián Piñera vor den Angehörigen einen ersten in Klarsichtfolie verpackten Papierfetzen schwenkte, auf den die Männer in rot nur ein paar Worte gekritzelt hatten: "Uns geht es gut in dem Schutzraum - die 33" Lilian, die Ehefrau des verschütteten, bereits 63 Jahre alten Mario Gómez, wurde vom Bergbauminister Laurence Golborne selbst unterrichtet.
"Lili, dein Mann schickt dir eine Botschaft und sagt, dass er dich und die Kinder sehr liebt", habe der Minister ihr gesagt. "Ich konnte unser Glück nicht fassen." Ihr Mann fährt schon seit dem zwölften Lebensjahr unter Tage. Beide sind seit 30 Jahren verheiratet, haben vier Töchter und sieben Enkel. Und Gómez versprach in seinem ersten Brief durchzuhalten - "auch wenn wir Monate warten müssen".
Mit dieser Einschätzung könnte er recht behalten. Zwar dürfte die Arbeit an der rund 800 Kilometer nördlich Santiagos gelegenen Mine nun leichter von der Hand gehen, nachdem die Rettungskräfte wissen, dass die 33 in knapp 700 Metern Tiefe leben. Doch geht selbst Piñera von Monaten aus, bis die Mine die Männer frei gibt. Die einzige Möglichkeit dürfte sein, sie durch einen vertikal nach unten getriebenen Schacht ans Tageslicht zu befördern. Die Bohrarbeiten dafür haben begonnen.
Durch den ersten Schacht hatten die Rettungsteams unmittelbar nach dem ersten Kontakt eine Mini-Kamera herabgelassen. Verschwitzte Gesichter drängten sich vor die Kameralinse. Dort unten ist sehr feucht und mit geschätzt 36 Grad auch sehr heiß. Trotz ihrer Lage leuchteten die Augen der Kumpel vor Hoffnung.