Heinz Rudolf Kunze: „Zorn gehört zu meiner Arbeit“
Heinz Rudolf Kunze über die Empörung in den Liedern seines neuen Albums, Glück und die Angst vor dem Tod.
Düsseldorf. Heinz Rudolf Kunze ist Schriftsteller, Rocksänger, Liedermacher, Übersetzer und Dozent an der Hochschule Osnabrück. Nun hat der 57-Jährige, dessen größter Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ ist, sein 34. Album auf den Markt gebracht.
Herr Kunze, im Albumtitel geht es um den „Stein vom Herzen“. Wann ist Ihnen der letzte Stein vom Herzen gefallen?
Heinz Rudolf Kunze: Der Titel hat eher Talismann-Charakter. Der Song ist uns genauso wie damals mein Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ als letztes Stück beim Album eingefallen. Daher sollte er als Titel Glück bringen. Aber es fällt einem in der Tat ein Stein vom Herzen, wenn ein solches Projekt beendet ist. Da geht immer auch eine Lebensabschnitt zu Ende.
Was bedeutet Glück für Sie?
Kunze: Es ist etwas, was man nicht festhalten kann, flüchtige Momente, die schnell vergehen. Man ist immer auf der Jagd danach. Glück ist auch, wenn einem Musiker wie mir der Spieltrieb erhalten bleibt und die Ideen nicht ausgehen. Ich hatte jetzt so viele Lieder, um locker drei Alben produzieren zu können. Das macht mich glücklich.
In einem Lied geht es darum „das Leben zu nehmen, aber nicht sich“. Sind Sie jemand, der das Leben gelassen nimmt?
Kunze: Mit manchen Liedern versucht man sich auch selbst zur Ordnung zu rufen. Gelassenheit ist eine erstrebenswerte Eigenschaft, die ich leider nicht immer besitze. Aber das geht auch so manchen Menschen im Publikum so, und der Beifall zeigt: Ja, dieses Problem kenne ich auch.
In manchen Liedern spürt man Ihre Wut und den Ärger, dass mit unserer Welt nicht immer alles gut läuft.
Kunze: Ich wundere mich manchmal, dass manche Kollegen sich zwar in Talkshows politisch empören, dass davon in ihren Liedern aber nichts rüberkommt. Für mich gehören Zorn und Empörung zu meiner Arbeit als Musiker und damit auch in meine Songs.
Was macht Sie wütend?
Kunze: Ich habe schon als Kind ein ausgeprägtes Gefühl für Ungerechtigkeiten gehabt und rege mich auf, wenn manche Menschen, die viel Geld haben, anders behandelt werden, als die, die keines besitzen. Ich ärgere mich über die zunehmende Verblödung der Gesellschaft, die immer weniger weiß und sich für nichts mehr interessiert. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Google vom Wissen befreit.
Sind Sie ein politischer Sänger?
Kunze: Begriffe wie politischer Sänger oder Protestsong halte ich für problematisch. Bob Dylan hat schon Ende der 70er gesagt, dass alle seine Lieder Protestlieder sind und ein Liebessong protestiert eben dagegen, dass es zu wenig Liebe gibt. Aber ich bin ein Mensch, der sich das Recht nimmt, sich aufzuregen und sich Sorgen zu machen.
Bei dem Lied mit dem Titel „Hallo Himmel“ geht es um Tod und Sterben. Wie gehen Sie mit solchen Themen um?
Kunze: Ich habe Todesangst, weil es für mich noch so viel zu tun gibt und ich noch so viele Ideen vertonen will. Ich will mich am liebsten unentbehrlich machen. Der Tod darf mich nicht holen, ich habe noch so viel vor.
„Ich bin Europas Sohn“ lautet eine Liedzeile. Das ist mutig in Zeiten, in denen jeder über Europa schimpft.
Kunze: Es gibt keine Alternative zu Europa, das muss uns allen klar sein. Unser Europa steht für Frieden. Das sollte uns viel wert sein.