„Hier gibt’s keine Rechten“
Gewaltexzesse: Ein friedliches Fest mündet in eine brutale Hetzjagd auf acht Inder, die übel zugerichtet werden. Nun dominieren im Dorf Sprachlosigkeit und Abwehrreflexe.
Mügeln. Es sind unfassbare Hassszenen, die die sächsische Gemeinde Mügeln über Nacht bundesweit bekannt gemacht haben: Acht Inder flüchten vor einer Horde von etwa 50 jungen Deutschen quer über den Marktplatz. Ein Landsmann öffnet ihnen seine Pizzeria. Gemeinsam verbarrikadieren sich die Ausländer in dem Lokal. Die Angreiferhorde zertritt Türen, zertrümmert das Auto des Lokalbesitzers.
Es gibt Aussagen, wonach im Vorfeld bekannt war, dass Rechtsextreme zum Fest anreisen wollten. Auch Deuses erste Einschätzungen lassen sich so verstehen. In der "Leipziger Volkszeitung" wird er damit zitiert, dass es solche Hinweise vom Mügelner Jugendclub gegeben habe. Die habe er auch an die Polizei weitergegeben. In diesem Punkt wiegelt Deuse nun jedoch ab. Kein Wort auch zu dem rechtslastigen Musikversand im Ort.
Polizeisprecherin Ilka Peter betont, dass die Ermittlungen in alle Richtungen gehen. Sie könne nicht bestätigen, dass Schaulustige tatenlos zugesehen hätten, ausländerfeindliche Rufe habe es aber gegeben. "Ein fremdenfeindliches Motiv wird nicht ausgeschlossen", so Peter, deren Behörde unter Druck steht. Mehr als 20 Stunden hatte die Polizei gebraucht, um überhaupt über die Ereignisse zu berichten. Zeugen zufolge hat es auch in der Tatnacht etwa eine Stunde gedauert, bis rund 70 Beamte eintrafen.
Die Vorgänge erinnern an Geschehnisse in Sachsen-Anhalt: Mehrfach gab es dort schwere Pannen bei Einsätzen der Polizei. Im Juni unterschätzten Beamte die Lage bei einem Überfall von Rechten auf eine Theatergruppe in Halberstadt, vor wenigen Wochen war es bei einem Überfall auf eine vietnamesische Familie in Burg ähnlich.
Auch in Sachsen kommt es immer wieder zu Überfällen, die von Opfervereinen der rechten Szene zugeordnet werden. So wurden bei einem Angriff auf ein Döbelner Café im Februar zwei Menschen verletzt. 20 Unbekannte waren in das Gebäude eines Vereins eingedrungen, der sich gegen Gewalt im Landkreis einsetzt. Geschehnisse, die der Verein Bürger.Courage kritisch beobachtet. Er sieht eine "Strategie des Verschweigens" von rechtsextremen Tendenzen in Sachsen.