Hilbichs beste Zeit in Düsseldorf

Der Schauspieler gehört zum Film- und Bühneninventar der alten Bundesrepublik — heute feiert das Original seinen 80.

Köln. „Ich dachte, der Termin wär’ morgen!“, tönt es aus dem ersten Stock. Unverkennbar — das ist Ernst Hilbich. Fast jeder, der noch in der alten Bundesrepublik aufgewachsen ist, kennt die Stimme. Heute wird er 80, aber er klingt immer noch so quietschig wie eh und je. W

enn man bei Hilbich anruft, kann es passieren, dass er sich mit Kieks-Stimme meldet und dann sagt: „Ach Sie sind’s. Ich dachte, das wär’ Lotti.“ Die Lotti ist die Frau vom Ernst. Lotti Krekel.

Die andere Besonderheit ist, dass er offenbar alle Texte und Lieder aus seiner 60 Jahre umfassenden Karriere noch im Kopf hat. Sobald man ihn auf irgendetwas anspricht, zitiert er gleich ganze Passagen. „Das ist wie auf einer Wachsplatte eingeritzt“, sagt er. Dieses Gedächtnis hat er auch für Melodien. Deshalb konnte er Operettensänger werden, ohne Noten lesen zu können.

Jetzt kommt Lotti Krekel im weißen Bademantel herein und serviert Kaffee. „Lotti, das sind keine Nacktaufnahmen!“, witzelt Ernst. Ein Schauspielerhaushalt. Beide sind schon ewig im Geschäft und kennen in der Branche jeden. Oder besser: kannten jeden.

In den 70er Jahren war Hilbich neben Heinz Eckner der Sketch-Partner von Rudi Carrell bei „Am laufenden Band“. „Der konnte richtig fuchsig werden, aber er war ein toller Arbeiter.“

Seinen Kult-Moment hatte Hilbich jedes Jahr zu Karneval im „Blauen Bock“, wenn er das Lied „Heut’ ist Karneval in Knieritz an der Knatter“ sang. Jahrein, jahraus. Man sah es als Kind und später, als man selbst Kinder hatte, schaltete man durch Zufall wieder ein und — Rumms! — ging eine Tür auf und da stand Hilbich im Kostüm und sang vom knattrigen Karneval.

Anfangs hat er dem Heinz Schenk immer gesagt: „Ach Heinz, kannst du mir nicht was anderes schreiben?“ Aber der Bembel-Titan entgegnete nur: „Ärnscht, die Leut’ warten auf dich . . .“ Wenn man ihm heute sagt, dass die Auftritte alle im Internet abrufbar sind, schüttelt er den Kopf: „Dem Schenk hab ich viel zu verdanken.“

Bestand gehabt hat auch Hilbichs Arbeit für die Augsburger Puppenkiste. Er war das pianospielende Wildschwein Baby Hübner in „Katze mit Hut“ und das Burggespenst Lülü. Aber seine Lieblingsrolle war das Sams. „Um mir zu helfen, haben sie mir immer meine Puppe an den Mikroständer gehängt.“ Manchmal sprach er zu schnell, dann bekam er den Wink: „Langsam, die Puppe kommt nicht mit.“

Das damalige Sprecher-Ensemble ist heute legendär. Hilbich hat noch Manfred Jenning kennengelernt, den berühmten Puppenkisten-Regisseur, der „Urmel aus dem Eis“ und „Jim Knopf“ inszeniert hat. Später übernahm Sepp Strubel die Regie bei den Fernsehproduktionen. In den Pausen saß Hilbich mit Herbert Meyer zusammen, der Stimme von Herrn Tur-Tur. „Der war selbst wie geschnitzt.“

Noch immer spricht er Kinderbuchfiguren, neulich noch im Hörspiel „Die Gespensterjäger“. Lange Jahre gehörte er auch zur Stammbesetzung bei der WDR-Serie „Die Anrheiner“. Seine Jahre beim Kom(m)ödchen in Düsseldorf waren seine beste Zeit, meint er im Rückblick.

Und wenn er einen Wunschpunkt vom Sams nutzen könnte, was würde er da nehmen? „Unbefristetes Umtauschrecht.“ Für Knie, Augen, Hüften . . . „Aber Lotti tausch ich nicht um, das könnte der so passen!“