Hochstapler: Falscher Rockefeller ist Deutscher

Angeblicher Milliardärs-Spross steht unter Mordverdacht.

Boston/Los Angeles. 15 Jahre bewegte er sich mühelos und elegant in der Schickeria der US-Ostküste. Nun aber ging Christian Karl Gerhartsreiter alias "J. Clark Rockefeller" den Fahndern ins Netz.

Mit der Enttarnung des 48-jährigen Deutschen könnte aber zugleich ein viel schlimmeres Verbrechen geklärt sein, nämlich der Fall des wohlhabenden Ehepaars Sohus, das vor 23 Jahren in Kalifornien auf mysteriöse Weise verschwunden ist und vermutlich ermordet wurde.

Die Polizei war dem Verdächtigen auf die Spur gekommen, als er am 27. Juli auf den Straßen von Boston seine siebenjährige Tochter Reigh entführte. Mit dem Kind sprang er in einen Sportgeländewagen, den zwei Komplizen steuerten, und fuhr nach New York.

Angeblich wollte er auf einer Privatyacht nach Bermuda flüchten, wurde aber am 2. August verhaftet. Das Mädchen kam zurück zu seiner Mutter, der Finanzmanagerin Sandra Boss, die seit einem Jahr das Sorgerecht hat und in London lebt.

Wie Mosaiksteine fügten die Ermittler während der letzten zehn Tage Erkenntnisse über die Vergangenheit des angeblichen Nachkommen von Öl-Milliardär John D. Rockefeller zusammen, der in Wirklichkeit der Sohn eines Anstreichers aus der oberbayerischen Stadt Bergen am Chiemsee ist. Die echten Rockefellers haben bestritten, dass "Clark Rockefeller" zu ihrer Familie gehört.

Über Bekannte und die Hinweise von Gerhartsreiters jüngerem Bruder Alexander, der von Bergen aus Gespräche sowohl mit dem Bundeskriminalamt FBI als auch amerikanischen Zeitungen und Fernsehstationen führte, kamen die US-Behörden zu dem komplexen Bild eines Serienbetrügers, der sich als Teenager in die USA abgesetzt hatte.

Als 17-Jähriger war Gerhartsreiter, der sich nach Aussagen früherer Klassenkameraden "zu Höherem berufen fühlte", zum Studium nach Connecticut ausgewandert. Drei Jahre später heiratete er in Wisconsin eine Amerikanerin, von der er sich bald wieder scheiden ließ. Nach Überzeugung der Eltern hat der Deutsche ihre Tochter nur ausgenutzt, um an eine Aufenthaltsgenehmigung zu kommen.

1985 mietete Gerhartsreiter, der den Kontakt zu seiner Familie in Bayern komplett abgebrochen hatte, in San Marino bei Los Angeles ein Gästehaus bei dem Ehepaar John und Linda Sohus. Er hatte mittlerweile das Pseudonym Christopher Chichester angenommen und wollte in Hollywood Karriere machen.

Als das Ehepaar wenige Monate später verschwand, war auch ihr Mieter weg. Als die neuen Hausbesitzer 1994 ein Schwimmbad bauen ließen wurden im Garten Teile eines menschlichen Skeletts gefunden. Knochen des vermissten John Sohus, so ist die Polizei überzeugt Linda Sohus bleibt verschwunden.

Später soll Gerhartsreiter in New York unter dem Namen "Christopher Crowe" versucht haben, als Finanzberater an der Wall Street Geld zu verdienen.

Sein Anwalt Stephen Hrones sagte bei einer Pressekonferenz, sein Mandant könne sich mittlerweile immerhin bruchstückhaft an Geschehnisse vor 1993 erinnern. Er wisse zwar noch von dem Gästehaus der Sohus’, aber nicht, was dem Ehepaar zugestoßen sei. Er habe gesagt: "Ich bin kein gewalttätiger Mann und habe niemals jemanden umgebracht." Anwalt Hrones gab an, sein Klient verstehe Deutsch. Er beharre aber darauf, dass er niemals in Deutschland gelebt habe. Er sei Clark Rockefeller.