Hochwasser: Ein Bett für Bahnpendler
Betroffene sollen in Kasernen schlafen, weil die ICE-Strecke Hannover-Berlin nach dem Hochwasser noch immer gesperrt ist.
Hannover. Nun wird sogar das Einquartieren entnervter Bahnpendler in einer ausgedienten Kaserne erwogen: Weil nach dem Hochwasser die ICE-Strecke Hannover-Berlin wohl noch viele Wochen gesperrt bleibt, müssen Bahnreisende auf den Strecken vom Ruhrgebiet und Frankfurt am Main nach Berlin weiter mit zeitraubenden Umwegen rechnen. Für Pendler, die das nicht bewältigen können, will die Stadt Wolfsburg eine Unterbringung nicht nur in einer Kaserne, sondern, wenn es sein muss, auch in Wohnwagen organisieren.
„Die ICE-Anbindung ist für Wolfsburg und Volkswagen ein wichtiger Standortfaktor — deshalb dürfen wir nicht über Monate vom ICE-Netz abgeschnitten sein“, sagte Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs (SPD). Von der Bahn forderte er schnelle Übergangslösungen.
Die wird es zumindest ab Monatsende geben. Hunderte Berliner, die zur Arbeit nach Wolfsburg pendeln, können zumindest alle zwei Stunden wieder in einen ICE Richtung Niedersachsen steigen, auch wenn dieser wegen einer Umleitung über Wittenberge länger unterwegs ist.
„Uns sind Fahrgäste bekannt, die zur Zeit Hotelübernachtungen in Kauf nehmen, um ihren Arbeitsplatz zum Beispiel in Kassel zu erreichen, weil die ICE-Linie fehlt“, empörte sich auch der Landesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Björn Gryschka. „Bis zu 60 Minuten Fahrzeitverlust je Richtung lassen hier aber keine Wahl.“
Am Bahnsteig im Hauptbahnhof von Hannover versuchen regelmäßige ICE-Fahrer, sich mit der Lage zu arrangieren. „Die ständigen Verspätungen beeinträchtigen mich schon extrem. Nach 36 Stunden, die ich mittlerweile wach bin, würde ich jetzt gern ohne Umwege nach Hause. Andererseits bin ich in einem ähnlichen Geschäft unterwegs und weiß, dass die Natur manchmal nicht mitspielt. Die Bahn hat sicher auch ein Interesse daran, dass es bald wieder reibungslos läuft“, sagt Wiebke Geismann. Die 46 Jahre alte Flugbegleiterin fährt vier- bis fünfmal im Monat nach Berlin zur Arbeit.
„Ich pendle regelmäßig zwischen Berlin und Kassel. Jetzt muss ich immer viel früher fahren und bekomme die zusätzliche Fahrzeit nicht bezahlt und kann sie durch ständiges Umsteigen auch nicht richtig nutzen“, meint Ulrich Lange. Der 52-Jährige arbeitet in der ambulanten Pflege und pendelt wöchentlich. „Ich finde die Verspätungen sehr nervig. Ich muss pünktlich in die Uni und es ist schwierig, rechtzeitig zu den Kursen da zu sein“, meint Studentin Anja Belte (23). „In der Zeit, in der ich warte, würde ich lieber in der Sonne liegen.“