"i-Dötzchen": So sah der erste Schultag vor 40, vor 50 und vor 70 Jahren aus
Unsere Leser haben schöne, teilweise aber auch düstere Erinnerungen an ihre Einschulung.
Düsseldorf. Wenn am Dienstag wieder die i-Dötzchen mit ihren Schultüten durch die Straßen laufen - dem ersten Tag eines neuen Lebensabschnitts entgegen - dann erinnern sich viele daran, wie das bei ihnen war. Wir haben unsere Leser gebeten, uns ihre Fotos vom ersten Schultag zu schicken und ihre Erinnerungen zu schildern.
Rüdiger Hendricks aus Willich muss im Rückblick auf seinen ersten Schultag 1974 vor allem an die Kleidung denken:"Früher war es grausam, was die Kinder anziehen mussten. Wenn ich mir meine Kinder anschaue, mit welch coolen Klamotten die zur Einschulung gehen...Es hat sich zum Glück einiges verändert. Aber wer weiß, die Kinder von heute finden es in 35 Jahren vielleicht auch grausam."
Helga Ippers aus Grevenbroich erinnert sich trotz ihrer 80 Jahre noch genau an die Einschulung 1936: "Ich war damals sehr ängstlich, da es damals noch zur Strafe Schläge mit dem dünnen Stock auf die Hände gab."
Eine ähnliche Erinnerung hat Ingeborg Beckmann aus Krefeld: "Meine beiden Onkels erwarteten mich nach dem ersten Schultag am 1. April 1951 zu Hause. Sie hatten mir vorher viel Angst gemacht. Meine ersten Worte waren: Ich bin überhaupt nicht verhauen worden."
Regine Gülich aus Wuppertal weiß noch, dass sie an ihrem ersten Schultag am 1. April 1949 Schuhe trug, deren Leder von einer alten Aktentasche stammte: "Mein Vater hatte sie selbst angefertigt, denn er hatte Arbeit bei einem Schuster gefunden. Der Leder-Ranzen war gebraucht gekauft. Man sieht an der Seite einen Lappen heraushängen. Das war ein wichtiges Requisit, denn wir begannen mit dem Schreiben auf einer Schiefertafel. Das Quietschen des Griffels habe ich heute noch im Ohr. Und auch den Geruch des feuchten Schwammes, mit dem die mühevolle Arbeit wieder ausgewischt wurde."
Elise Michel aus Krefeld hat eine eher gespenstige Erinnerung an ihren ersten Schultag am 2.April 1936: "Wir i-Dötzchen mussten uns auf dem Schulhof aufstellen. Die SA machte Musik, und die Hakenkreuzfahne wurde aufgezogen. Und wir Kleinen mussten lernen, wie man den Arm zum Hitlergruß hebt."
Lieselotte Straßburger aus Mönchengladbach weiß noch, dass sie an ihrem ersten Schultag am 19. April 1955 sehr stolz auf ihre große Schultüte war: "Aber als wir durch das Schülerspalier über den Schulhof zum Eingang gingen, riefen alle Schüler: ,i-Dötzchen, Kaffeerötzchen, morgen musst du sterben!’ Mein Bruder, ein Jahr älter als ich, schrie laut mit. Das hat mich am meisten geärgert."
Jutta Abbel aus Krefeld und ihr Bruder wurden 1945 und 1946 eingeschult: Was damals in der Schultüte war, so sagt sie, könne sich kein Kind heute mehr vorstellen: "Das schönste Geschenk in der Schultüte meines Bruders war ein Weißbrot, das er ganz alleine essen durfte und um das wir ihn alle beneidet haben. Ansonsten gab es vielleicht noch selbst hergestellte Bonbons oder etwas für die Schule, zum Beispiel einen Griffelkasten, vom Großvater angefertigt. Wir schrieben ja damals noch auf Schiefertafeln mit Griffeln und lernten: ,Rauf, Runter Rauf - Pünktchen obendrauf.’ Aber wir hatten eine schöne Schulzeit und denken noch gerne daran zurück - trotz fast leerer Schultüte!"
Gisela Walsdorf aus Krefeld kam im Sommer 1969 ins erste Schuljahr: Sie erinnert sich noch gut an den Brauch, wie damals die "Schulreife" getestet wurde: indem das Kind den rechten Arm über den Kopf legen und das linke Ohr berühren musste. Und dass sie an ihrem ersten Schultag ziemlich mutig war: "Alle neuen Erstklässler standen im Kreis auf dem Schulhof. Es wurde gefragt, wer denn etwas singen möchte. Ich bin in die Kreismitte gegangen und habe folgendes Lied gesungen: "Hurra, ich bin ein Schulkind und nicht mehr klein. Ich trag’ auf meinem Rücken ein Tornisterlein. Tafel, Griffel, Lesebuch - ja, das ist für mich genug! Will auch fleißig lernen, dann werd’ ich klug."
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