Ich bin alles andere als schüchtern

Jeanette Biedermann dreht doch wieder am Fließband und spielt in einer Sat.1-Telenovela die schüchterne Anna.

Frau Biedermann, als Hauptdarstellerin der neuen Telenovela "Anna und die Liebe" spielen Sie eine schüchterne junge Frau, die wegen ihrer großen Unsicherheit privat und beruflich einfach nicht ihr Glück findet. Wie schüchtern sind Sie denn selber?

Biedermann: Ich bin alles andere als schüchtern, ich habe nicht einmal einen Funken Schüchternheit in mir. Insofern ist es wirklich eine echte Herausforderung für mich, einen Charakter zu spielen, der so gar nichts mit mir zu tun hat.

Wie kann man ein Mauerblümchen verkörpern, wenn man sich regelmäßig auf der Bühne vor Tausenden als Popstar produziert?

Biedermann: So was spielt man aus dem Gefühl heraus. Wenn ich zu Ihnen sage: Seien Sie mal schüchtern, dann nehmen Sie automatisch die richtige Körperhaltung ein. Das ist etwas, was im Kopf passiert, ich musste also nicht unbedingt spezielle Bewegungen lernen. Ich habe mich außerdem mit dem Thema Sozialphobie befasst, so nennt man extreme Schüchternheit. Es ist unglaublich, wie weit verbreitet das ist.

Blüht Anna denn am Ende auf, wird aus dem hässlichen Entlein ein schöner Schwan?

Biedermann: Es wird sich natürlich etwas verändern. Ich habe mit den Autoren zwei Jahre lang an der Figur gearbeitet, es war ein sehr kreativer Prozess, weil ich wollte, dass diese Rolle vielseitig ist.

252 "Anna"-Folgen sind geplant. Hatten Sie von dieser Art Fließbandproduktion nach den Jahren bei "GZSZ" nicht die Nase voll?

Biedermann: Es ist schon ein wahnsinnig straffes Pensum, ein Drehtag hat bei mir zwischen 13 und 15 Stunden, und zu Hause lerne ich dann den Text. Aber das Spielen ist für mich keine Arbeit, auch wenn es anstrengend ist. Weil es dem Geist gut tut, gehe ich am Ende zwar wahnsinnig müde nach Hause, aber ich sage mir: schöner Tag, viel gemacht, toll.

Gerade in letzter Zeit sind etliche deutsche Serien gefloppt. Auch Sie selbst haben negative Erfahrungen gemacht: Ihre Serie "Dina - Flaschengeist auf Probe" wurde 2006 bereits während der Dreharbeiten gestoppt, weil Sat.1 mit der Qualität nicht zufrieden war. Lässt Sie das unbeeindruckt?

Biedermann: Nach "Dina" habe ich einen "Tatort" und mehrere sehr erfolgreiche TV-Filme gedreht, also für mich geht es immer weiter. Ich mache mich aber nicht abhängig vom Erfolg - auch wenn man sich natürlich freut, wenn etwas gut ankommt.

In "Anna" spielt auch Alexander Klaws eine Rolle, der erste Gewinner von "Deutschland sucht den Superstar". Hätten Sie auch bei "DSDS" mitgemacht, wenn es das früher schon gegeben hätte? Sie sind ja 1998 beim Gesangswettbewerb einer Boulevardzeitung entdeckt worden.

Biedermann: Bestimmt hätte ich das auch gemacht. Ich habe damals gesagt: Ich nutze jede Chance. Die Kandidaten wollen doch genau dasselbe wie ich damals: auf der Bühne stehen und ihre Musik machen. Die brauchen einfach nur die richtigen Leute, die sich hinterher um sie kümmern. Das ist in vielen Fällen nicht so, und das ist das Problem.

Gibt es im Fernsehen etwas, was Sie nicht machen würden - auf den Bauernhof ziehen oder in einer Dokusoap heiraten?

Biedermann: So etwas muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe grundsätzlich nicht das Bedürfnis, mein Privatleben in die Öffentlichkeit zu rücken. Es lässt sich aber nicht vermeiden, dass mal etwas Privates über mich in die Zeitung gelangt - vor allem, wenn wie bei mir jahrelang der Freund als Bandmitglied mit auf der Bühne steht.