Ein schönes, gefährliches Kraut
Das Jakobskreuzkraut hat sich in NRW stark verbreitet. Landwirte, Pferdehalter und Tierärzte sind besorgt.
Düsseldorf. In leuchtendem Gelb blühende Pflanzen finden sich derzeit auf vielen Wiesen, besonders am Niederrhein. Doch was das Auge der Spaziergänger erfreut, ist eine große Gefahr besonders für Pferde und Kühe: Das giftige Jakobskreuzkraut hat sich in den vergangenen Jahren in Nordrhein-Westfalen extrem stark vermehrt.
"Der bunte Aspekt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei dieser Pflanze um eine gefährliche Giftpflanze handelt", warnt Dr. Clara Berendonk, Grünlandexpertin der Landwirtschaftskammer NRW. Besonders tückisch: Die Pflanzenbestandteile sind zwar für Menschen nicht sonderlich gefährlich, können bei Pferden und Kühen aber zu einer chronischen Leberentzündung und zum Tod führen.
"Meine Norweger-Stute Öre war plötzlich stark abgemagert und apathisch", beschreibt Reiterin Barbara Patzke (26) die Symptome der Krankheit. Der Tierarzt stellte bei Öre erhöhte Leberwerte fest, konnte aber mit einer Leberschutz-Therapie und Distel-Präparaten noch rechtzeitig eingreifen.
Auch ein weiteres Pferd aus dem Willicher Stall, in dem Barbara Patzkes Öre steht, ist an einer Jakobskreuzkraut-Vergiftung erkrankt - obwohl auf den dortigen Wiesen das Kraut regelmäßig ausgerissen wird.
"Die Zahl der Erkrankungen ist höher geworden", stellt der Krefelder Pferdetierarzt Dr.Paul grosse Hackmann fest. Allein in seiner Praxis gab es in diesem Jahr bereits "gut zwei Dutzende Fälle" mit Verdacht auf Jakobskraut-Vergiftung.
"Normalerweise fressen ältere Pferde die Pflanze nicht, weil sie viele Bitterstoffe enthält", weiß grosse Hackmann. "Auf schlechten Wiesen allerdings gehen die Tiere manchmal trotzdem an die Pflanzen. Auch Fohlen fressen das ab und zu, weil ihnen noch die Erfahrung fehlt." Problematisch sei jedoch, wenn die Pflanze im Futter-Heu auftaucht: "Dann sind die hemmenden Bitterstoffe verschwunden, aber die giftigen Bestandteile bleiben."
Fressen die Pferde dann das mit dem Kraut verseuchte Heu, kommt es zu einer chronischen Vergiftung und Schädigung der Leber. Pferdetierarzt grosse Hackmann: "Leicht erkennbare Symptome sind dann Abmagerung, apathisches Verhalten der Tiere und gelbe Schleimhäute."
Bei der Landwirtschaftskammer NRW melden sich immer mehr beunruhigte Landwirte, Züchter und Pferdehalter, die sich über das gefährliche Kraut informieren wollen. Grünland-Expertin Clara Berendonk: "Fakt ist, dass in unserer Region die Ausbreitung eskaliert.
Das Jakobskreuzkraut wird als Giftpflanze immer mehr zum Problem. Betroffen sind nicht nur Hobbypferdehalter mit schlechter Grünlandpflege. Daher muss der Ausbreitung systematisch entgegengewirkt werden. Derzeit laufen bei uns Untersuchungen zur Entwicklung von Schadensminderungskonzepten."
Mit Unverständnis reagiert man in der Landwirtschaftskammer auf Saatgut-Händler, die Samenmischungen mit Jakobskreuzkraut anbieten. Berendonk: "Das ist unverantwortlich! Wir haben die Firmen bereits eindringlich auf die damit einhergehenden Gefahren hingewiesen."
www.landwirtschaftskammer.de www.jacobskreuzkraut.de