Imagewandel: Sido - Der Rapper, der ein Spießer ist
Von wegen Gangstergehabe und Skandale: Hip-Hop-Star Sido schwört auf Familienidyll und traditionelle Werte.
Düsseldorf. Sein Viertel beziehungsweise sein "Block" hat Sido zur Karriere verholfen. Versteckt unter seiner silbernen Totenkopfmaske, schwelgte der Rapper bislang in Anekdoten über das Ghetto-Leben im Berliner Problembezirk
Märkisches Viertel ("MV"), wo er aufwuchs. Seine provokativen Texte über Gewalt, Drogen und Sex mit Prostituierten fanden in weiten Teilen der Hip-Hop-Gemeinde Gehör.
Von all dem will er jetzt nichts mehr wissen.Mit 27-einhalb Jahren, einer glücklichen Patchwork-Familie und Millionen auf dem Konto mutiert der Rüpel-Rapper offenbar zum Spießer. Die Maske hat er ab-, aus dem "MV" ist er ausgezogen.
Das neue Album klingt auch nicht mehr nach einem pubertierenden Halbstarken. Sido gibt zur Protokoll: "Ich scheine irgendwie erwachsen geworden zu sein."
Früher veröffentlichte er Titel wie den "Arschficksong" und ließ in seinen Videoclips nackte Frauen zu seinen Füßen tanzen. Im neuesten Song "Augen auf" fordert Sido nun missionarisch Väter und Mütter auf: "Hört hin, wenn eure Kinder euch was sagen!"
Die Musik ist das Spiegelbild von Sidos neuer Lebensführung. Er wohnt mit seiner Lebensgefährtin und dem sechsjährigen Sohn inzwischen in einem noblen Viertel Berlins. Die Kumpels, mit denen er früher kiffte, hat er zurückgelassen. Ihn beschäftigt die Zukunft seines Kindes: "Ich werde dafür sorgen, dass er auf eine gute Schule geht.
In einer besseren Gegend mit einem geringen Immigrantenanteil." Seine Mutter, die er als beste Ratgeberin bezeichnet, habe ihm zudem Werte wie Ehrlichkeit und Aufgeschlossenheit nahe gebracht, die er nun als Vater weiterreichen will.
War das Gangster-Gehabe also bloß eine Masche? Gewaltverherrlichende und frauenverachtende Sprüche als PR? Sido verteidigt sich: "Bei mir ging es nie ums Leute-Abstechen." Er habe in seinen Texten nur abgebildet, wie die deutsche Jugend ohnehin drauf sei.
Nach dem Motto: Ihr da draußen seid die wahren Sidos. Daher auch die Maske als Abgrenzung zwischen dem bürgerlichen Paul Würdig und der Kunstfigur am Mikrofon.
Fazit: Sido taugt wohl nicht zum Lieblings-Schwiegersohn. Aber den Elternschreck früherer Tage wird er nicht mehr abgeben.