In Griechenland explodiert der Hass

Nach dem tödlichen Schuss der Polizei auf einen 15-Jährigen und dem nachfolgenden Chaos droht der griechischen Regierung das Ende.

Athen. Griechenland im Schockzustand. "Verbrechen, Terror und dann Gewalt", titelte die Athener Zeitung "Eleftheros Typos" am Montag. Fassungslos reagierte das Land auf den Tod eines 15-Jährigen durch eine Kugel der Polizei. Das Wochenende der Verwüstung und des Chaos hinterließ aber auch Ratlosigkeit.

Dieser hässlichen Gewaltspirale müsse dringend ein Ende gesetzt werden. "Nur wie?", fragten sich die Kommentatoren der griechischen Medien. Ratlos scheint auch der griechische Regierungschef Kostas Karamanlis zu sein.

Seine Regierung läuft Gefahr, nach einer Reihe von Finanzskandalen jetzt unter dem Eindruck der kriegsähnlichen Bilder zusammenzubrechen.

Umfragen zeigen, dass die regierenden Konservativen nur 15 Monate nach dem Wahlsieg im September 2007 nun fast sechs Prozentpunkte hinter den oppositionellen Sozialisten in der Gunst der Wähler liegen.

Beobachter rechneten mit einer umfangreichen Regierungsumbildung in den kommenden Tagen.

Empört waren vor allem Hunderte Ladenbesitzer, deren Geschäfte ausgerechnet in der umsatzstarken Vorweihnachtszeit demoliert und teilweise auch geplündert wurden.

"Wir sind ruiniert", beklagten viele. "Solche Bilder habe ich seit dem Bürgerkrieg (1947-1949) nicht mehr gesehen", sagte Tassos Saros - ein Mann von 84 Jahren.

Weite Teile der Einkaufsstraßen von Athen wie die Ermou und die Alexandras Chaussee sahen aus, als wären Bomben eingeschlagen. Landesweit sind nach ersten Schätzungen mehr als 500 Geschäfte, Banken, Autohäuser und öffentliche Gebäude verwüstet oder schwer beschädigt worden.

Als eine der Ursachen der Gewalt nannten die Medien die falsche Taktik der Sicherheitskräfte. Mindestens in vier Fällen wurden dieses Jahr Polizisten wegen übertriebener Gewaltanwendung vom Dienst suspendiert.

Menschenrechtsorganisationen werfen der griechischen Polizei seit langem vor, brutal gegen Flüchtlinge vorzugehen. Dabei müsste die Polizei längst ein Rezept haben, um die Lage in den Griff zu bekommen. Seit Jahrzehnten verüben Autonome in Athen fast jede Nacht Brandanschläge.

Ihre Attacken richten sich gegen Banken, Vertretungen von Konzernen und Polizeistationen. Mit den Angriffen "kommentieren" sie das politische Geschehen rund um den Globus.

Die Autonomen kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Der 15-Jährige, der am Samstagabend erschossen wurde, war der Sohn eines Athener Schmuckhändlers.

Die Autonomenbewegung sieht ihre Ursprünge in der Zeit des Widerstandes gegen die Militärdiktatur zwischen 1967-1974. Vor allem der Stadtteil Exarchia im Zentrum Athens ist seit Jahren eine Art "verbotene Stadt" ohne Zutritt für Sicherheitskräfte.

Die Schadenssumme der Gewalt am Wochenende soll mehr als 100 Millionen Euro ausmachen.